30.08.2019

No. 66

Propapanda – Meng Meng ist trächtig, Berlin findet’s prächtig, Xi freut sich mächtig

#Pandadiplomatie

 

Sie haben große schwarze Augenringe und dickes, drahtiges Haar, essen nur chinesischen Fertigfraß, schlafen viel, waschen und paaren sich äußerst selten, hocken den ganzen Tag in ihrer Behausung und verdienen sich trotzdem eine goldene Stupsnase: Der eine denkt jetzt an seinen Traumberuf Informatiker, der andere an die Berliner Pandabären. Ja, die Panda-Pandemie geht weiter! Meng Meng (nicht zu verwechseln mit der Hongkonger Ministerpräsidentin Peng Peng) ist schwanger!

 

Autor: TILMAN LUCKE

 

  

Bulle und Bär – an der Börse stehen diese beiden Tiere für Kursgewinne und -verluste. Bullen gibt es hier sowieso zu wenig, deshalb entschied man sich vor 800 Jahren, den Bären, Symbol des finanziellen Scheiterns, zum Berliner Wappentier zu erheben. Berlin und die Bären – in den letzten Jahren war das leider keine glückliche Liaison: Knut starb mit nur fünf Jahren, schneller als alle anderen Berliner Großprojekte. Und hätte es Bruno damals bis nach Berlin geschafft, wäre er während der Anmeldung im Bürgeramt verendet.

Doch bald wird zum ersten Mal in der Weltgeschichte ein Panda in Deutschland geboren: Die Pandadame Meng Meng (nicht zu verwechseln mit Streng Streng, der Chefin des chinesischen Sadomaso-Verbands) ist schwanger. Das war schwer genug, sind Pandaweibchen doch nur an einem bis drei Tagen im Jahr fruchtbar. Zudem sind Pandas extreme Sexmuffel. Von wegen „arm, aber sexy“!

Meng Meng (nicht verwechseln mit Spreng Spreng, dem Erfinder des Feuerwerks) hatte sich im April mit ihrem Freund Jiao Qing gepaart. Beide waren 2017 nach Berlin gekommen, im Rahmen der chinesischen sogenannten Pandadiplomatie. (Die gibt’s wirklich – keine Peking-Ente!) Wer jetzt denkt: „Das ist aber großzügig von dem netten Onkel Xi aus Peking, dass er Frau Merkel zwei so süße Geschenke mitgebracht hat!“, der irrt. Denn der gewichtige Dauerregent (Spitzname: „China-Kohl“) verleiht die Tiere lediglich für 15 Jahre, und das zu einer Leihgebühr (Pfanda) von 500 000 Dollar pro Kopf und Jahr. Xi ist eben in Gelddingen ein echter Don Yuan. Der Berliner Zoo investierte außerdem neun Millionen Euro in die Errichtung eines „Pandagartens“, in dem Jiao Qing und Meng Meng (Achtung, Verwechslungsgefahr mit dem chinesischen Gangsterrapper Slang Slang!) aus purer Faulheit sowieso nicht lustwandeln.

„Kinder sind ein Geschenk!“ – Was schon im normalen Familienalltag selten gilt, gilt ebenso wenig für Pandas: Denn für Nachwuchs hat der Berliner Zoo zunächst einmal eine saftige Prämie von mehreren Hunderttausend Dollar an die Volksrepublik zu löhnen. Außerdem müssen die Babys nach zwei Jahren auf die staatseigene Pandafarm zurückkehren, damit das chinesische Monopol gewahrt bleibt. Wenn Meng Meng (nicht verwandt oder verschwägert mit dem chinesischen Familienminister Gang Bang) nun ein oder mehrere Bambusbambini bekommt, greift nach spätestens zwei Jahren das Jugendamt ein. Also doch eine ganz normale Berliner Familie.

Die Krone der Schöpfung scheinen Pandas indes nicht zu sein: Sie essen nicht mitStäbchen, sie essen dieStäbchen. Und was für welche! Bis zu 30 Kilogramm Bambus müssen sie täglich vertilgen. Im Magen ist dann Bambule, weil die Verdauungsorgane gar nicht auf das harte Holz ausgelegt sind. Die Tiere können nur einen Bruchteil der Inhaltsstoffe überhaupt gebrauchen. Gemessen an der Eintönigkeit und Lieblosigkeit ihrer Küche sind Pandas also durchaus echte Berliner: Das Leben ist eine Sättigungsbeilage. Meng Meng (keine Ähnlichkeit zum Pekinger Gefängnisdirektor Eng Eng und seinem Stellvertreter Zwäng Zwäng) wählt allerdings lieber die Damenkarte ohne Preise, denn für Bambus reicht ihr bedingungsloses Grundeinkommen nicht ganz aus: Der fade Baustoff kostet bis zu 150 000 Euro pro Jahr. Das ist, als würden Sie sich tagtäglich für 400 Euro im Obi durchs Klicklaminat knabbern und hinterher noch den größten Teil davon dort hinterlassen. Süß!

Weltweit eifern nun Staatschefs der chinesischen Propapanda nach und verleihen Tiere: Während Angela Merkel bereits im Juli eine Hannoveraner-Zuchtstute für fünf Jahre nach Brüssel auslieh, durchkämmt Markus Söder ganz Bayern nach einem vermietbaren Wolpertinger, wird aber letzten Endes wohl doch nur Doro Bär vermieten. Putin verzichtet gern auf seinen Ministerpräsidenten Medwedew (= Bär), Boris Johnson kann die schottische Regierungschefin Sturgeon (= Stör) ans Ausland loswerden, und sogar Erdoğan braucht Geld und „trennt“ sich von einigen seiner Ziegen.

Doch Vorsicht: Stirbt ein Panda wegen falscher Haltung in einem fremden Zoo – verdirbt er sich beispielsweise an zu gesunder Ernährung den Magen –, wird eine Vertragsstrafe von 500 000 Dollar an den chinesischen Staat fällig. Win-Win! Übrigens ein beliebter chinesischer Name.

 

 


Tilman Lucke ist zu sehen in: "frisch gepresst. Politcomedy-Late-Night" und in seinem Soloprogramm "Verdummungsverbot".