14.01.2021

No. 143

Kampf der Giganten

Am Wochenende ist es soweit: Es ist das politische Duell des Jahres – drei absolute Beta-Tiere aus NRW stellen sich dem Kampf der Giganten um den CDU-Vorsitz. Der Lebemann Friedrich „the black rock" Merz, der gescheite gescheitelte gescheiterte Herr Röttgen und die lasche Aachener Vollblutprinte Armin. Klangvolle Namen, doch niemand darf sich märchenhafte Abstimmungsergebnisse von 1001 Delegierten erhoffen. Und so stellen sich für die neutralen Zuschauerinnen und Zuschauer die Fragen: Findet die CDU endlich die lang ersehnte Führungskraft für die Bundestagswahl im September? Stellt sich Angela Merkel nochmal als Überraschungskandidatin auf? Oder kauft Jeff Bezos im letzten Moment die CDU auf, um Schlimmeres zu verhindern? Ganz egal, am Ende macht es sowieso der Söder aus Bayern!

 

Friedrich Merz

Er war im Untergrund, er war jahrelang geschwächt und er sann seit Ewigkeiten auf Rache. Er ist der Lord Voldemort der CDU. Mit einer wesentlich schöneren Nase. Friedrich Merz ist einer der wenigen deutschen Politiker, die es in Sachen Menschlichkeit nicht mal an Hermann Göring vorbeigeschafft haben. „The Black Rock“ Merz ist die Wichtgestalt des deutschen Konservatismus, das Idol der Jungen Union und zudem Lieblingskandidat der Werteunion. Als wären diese Fürsprecher nicht schon Warnung genug, outete sich im Februar 2020 auch noch Til Schweiger als großer Fan von Keinherzfriedrich. Schon seit 2018 darf dieser Mann wieder munter deutsche Talkshows „bereichern“ und um Parteivorsitze der letzten großen Volkspartei kandidieren. Dabei präsentiert er sich als Law-and-Order-Typ und verweist auf seine geballte Wirtschaftskompetenz. Worin die bestehen soll, nun, das hat uns noch niemand glaubhaft erklärt. Laut seiner Fans bei FAZ und Welt am Sonntag ist die jedenfalls richtig groß, weshalb er in jeder Umfrage dann auch als Mann mit Ahnung von Wirtschaft genannt werden darf. So ist das wohl in modernen Gesellschaften. Keine Eier für Verteilungsfragen, aber den ganzen Tag lang private Altersvorsorge propagieren. Das funktioniert auch richtig gut, denn Gier ist gesellschaftlich akzeptiert: 300000 BWL-Studierende sprechen eine eindeutige Sprache. Aber zurück zu den friedrigen Umständen der CDU.

Denn privat gibt sich Herr Merz ganz anders. Wenn er nicht gerade Hundewelpen im Rhein-Herne-Kanal ertränkt, stellt er Homosexualität mit Kindesmissbrauch gleich (die einzige Form von Gleichstellung, die er akzeptiert). Seine Hobbys sind Obdachlose beim Erfrieren zu beobachten, Rentnern an Haustüren todsichere Aktienderivate aus Ost-Kasachstan anzudrehen und aggressiver Lobbyismus für eine ziemlich üble New Yorker Fondgesellschaft. Eigentlich ein Wunder, wieso der sympathische Sauerländer sich 2018 nicht gegen Annegret-Kramp Karrenbauer durchsetzen konnte, oder?

 

Arnim Laschet

Dödelig. Dödelig ist sicher ein passender Begriff für die Aachener Vollblutprinte Armin. Ihn in den engsten Kreis für eine Kanzlerkandidatur aufzunehmen, gehört zu den größten Menschheitsrätseln seit Stonehenge und den Pyramiden von Gizeh. Armin Laschet konnte schon vor Corona sehr wenig, doch erst in der Krise konnte er sein gesamtes Potenzial der Unfähigkeit abrufen, inzwischen wird er sogar für weniger voll genommen als Julia Klöckner und dass, obwohl er signifikant betrunkener wirkt. Nicht umsonst heißt der beliebteste Hashtag über ihn #ArminLasset! Dabei wirkt er so freundlich. Man möchte nicht, dass er sich ständig blamiert. Eine Umschulung zum Karnevalszugführer erscheint da nur folgerichtig. Das wäre gut für ihn. Und für NRW - wobei wir nie wissen, welche Granaten die CDU da noch so ausgräbt.

 

Norbert Röttgen

Norbert Röttgen ist einer der wenigen Spitzenkräfte der CDU, die auch im normalen Leben außerhalb der Politik klarkämen. Er setzt sich für mehr Frauen in Führungspositionen ein, hat sich in den letzten Wochen zum heimlichen Internetstar gemausert und war zudem der letzte deutsche Umweltminister, der nicht durch völlige Ahnungslosigkeit aufgefallen ist. Dürften die Delegierten aller anderen Parteien abstimmen, er bekäme wohl 100% Zustimmung bei der Wahl des geringsten Übels. Aber bei den Stimmen der Union hat er wohl nur Außenseiterchancen, nicht zuletzt, weil er aus einer Gegend stammt, aus der noch nie Gewinnertypen kamen. Komisch, denn er kommt aus dem Siegerland. Außerdem ist Norbert Röttgen einfach unfassbar blass – aber gut, man soll ja keine Menschen aufgrund ihrer Herkunft und ihrer fehlenden Hautfarbe diskriminieren.

 

Markus Söder

»Moral ist in der Politik selbstverständlich keine Kategorie, außer wir wollen jemandem schaden.« (Markus Söder 2009) Für die einen ist er politischer Shootingstar, für die anderen die späte Rache von Franz-Josef Strauß. Und vermutlich haben beide Lager Recht. Markus Söder ist ein Mann, geboren für die Krise. Geschmiedet aus dem Feuer der Katastrophe. Ein Machertyp. Einer der die Ärmel hochkrempeln kann. Und die Maske auch mal über die Nase bekommt. Nicht, dass er und der Freistaat Bayern in der Corona-Bekämpfung übermäßig erfolgreich waren, aber neben dem dauerselbstbesoffenen Laschet und einem blassen Berliner Bürgermeister (irgendein Müller) wirkt Söder I. zumindest wie ein Politiker, der nicht völlig ahnungslos durch die Gegend rennt.

Trotz Pannenserie schwebt Markus Söder von Umfragehoch zu Umfragehoch: Längst vergessen, dass er in Bayern so viele Wohnungen an Privatinvestoren verkaufen ließ, dass er bei denen lebenslang Anrecht auf Koks und Nutten haben dürfte. Dass er für einen guten Spruch jeden Parteifreund gnadenlos übers Messer springen lässt. Dass er ganz objektiv wirklich ein fieser Typ ist. All das vergisst man schnell, wenn er zu Karneval das beste Kostüm hat. Oder wenn er dank unehelichem Kind und Scheidung bei Wertediskussionen zum Thema Ehe folgerichtig elegant die Klappe hält.

Markus Söder könnte (leider!) der Mann sein, der die CSU in die Moderne überführt und dabei (leider!) auch noch Erfolg hat. „Wo hoch die Kanzel und niedrig der Verstand – da beginnt das bayrische Oberland“ - Markus Söder hat als erster bayrischer Sonnenkönig kapiert, dass sein Wahlvolk nicht so dumm ist, für wie es jahrhundertelang von seinen CSU-Kollegen gehalten wurde. Dass die Bauern in Hinterfotzingen, Großdingharting oder Tittmoning gar nicht alle gegen Homoehe, Windenergie oder Veganismus sind. Und deshalb auch gern ihr Kreuzchen bei den Grünen machen, die Söder prompt und durchaus folgerichtig zum Hauptfeind erklärte. Das Duell der Zukunft ist damit klar: Ein progressiver Konservativer gegen konservative Progressive (hoffentlich liest hier kein Grüner mit). Nach der Merkel-Ära wird es wieder spannend. Und dass viele Menschen jetzt glauben, Söder sei ein guter Kanzlerkandidat? Nun, eines der Hauptsymptome von Covid 19 ist bekanntermaßen Geschmacksverlust…

 

 Text: Henning Ruwe