07.07.2021

No. 168

Reise nach Ankara – Verrücktes im April

Während sich Armin Laschet nach oben schläft und Kim Jong-un eins seiner Regierungsmitglieder hinrichten lässt (Name des Bedauernswerten: Kam Jung-um), ist Ursula von der Leyen ist die einzige Demokratin in der Türkei, die nicht sitzt. Die Grünen erhalten 240 Tonnen CO2 als Geschenk, und ein Land in Afrika geht in den Tschad-Down. Einige Lehren aus dem April.

 

5. April: Armin Laschet ist über Ostern vier Tage in sich gegangen und fordert einen „Brücken-Lockdown“ sowie ein Vorziehen der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz. Die KollegInnen in den Landeshauptstädten gehen daraufhin ihrerseits vier Tage in sich und sagen die Konferenz ganz ab.

7. April: Das neue Trendspiel „Reise nach Ankara“ wird vorgestellt. Die Regeln sind denkbar einfach. Man nehme: 1 EU-Kommissionspräsidentin, 1 EU-Ratspräsidenten und 1 Sultan. Man braucht außerdem: 2 Stühle und 1 Sofa. Es wird lustige türkische Musik gespielt. Stoppt sie, nehmen die zwei Männer auf den Stühlen Platz, und das Spiel ist beendet. Für kurze Zeit ist Ursula von der Leyen somit die einzige Demokratin in der Türkei, die nicht sitzt. Die Deutsche darf zum Trost aufs Sofa und trägt in der Türkei fortan den Ehrentitel „Sofakartoffel“. Der einzige Mitspieler, der tatsächlich auf die Couch gehört, ist allerdings der Sultan.

8. April: Das Land Berlin wirbt um Wahlhelferinnen für die kommende Bundestagswahl, zu der auch Berliner Abstimmungen stattfinden werden. Viele melden sich freiwillig, denn als Belohnung winkt eine automatische Hochstufung in die Impfgruppe 3. Wenige Wochen später stellt sich heraus, dass Dutzende Freiwillige ihren freien Willen nochmals befragt und nach Erhalt der entsprechenden Impfeinladung wieder Abstand von ihrer Freiwilligkeit genommen haben.

9. April: Der französische Schriftsteller Charles Baudelaire wäre 200 Jahre alt geworden, der Urheber eines der klügsten Sätze der Weltgeschichte: „Gott ist das einzige Wesen, das, um zu herrschen, nicht selbst zu existieren braucht.“

11. April: Nordkoreas Staatschef Kim Jong-un lässt den Vorsitzenden der Digitalisierungskommission wegen erwiesener Unfähigkeit hinrichten. – Warum hat man eigentlich lange nichts von Andreas Scheuer gehört? #Esistnichtallesschlecht

12. April: Ein Bitcoin-Millionär spendet eine Million Euro an die Grünen. Mit im Geschenkpaket: 600 000 Kilowattstunden Strom (Preis: ca. 200 000 Euro oder 240 Tonnen CO2), die für das Mining der Bitcoins nötig waren. Mal wieder zeigt sich: Das Gegenteil von gut ist gut gemint!

16. April: Brasiliens Staatschef Jair Bolsonaro kündigt an, die illegale Abholzung des Regenwaldes bis 2030 zu verbieten. Es bleibt offen, ob er 2030 das traditionelle Handwerk der thermischen Verwertung einfach legalisieren will oder ob Rodungen ab 2030 gar nicht mehr nötig sind – mangels Wald. #Abholzonaro #LordWaldemord

16. April: In der Debatte um die Bundesnotbremse und Lockdown-Maßnahmen warnt die AfD im Bundestag vor seelischen Schäden. Wie gut, dass sich im Parlament eine Partei der vielen Schadensfälle annimmt und ausschließlich von seelisch deformierten Menschen gewählt werden kann!

18. April: Heißer (beziehungsweise nun kalter) Kandidat für den Darwin-Award ist Tschads Präsident Idriss Déby: Eine Woche nach der Präsidentschaftswahl ruft ihn die Wahlkommission zum Sieger aus; es ist die sechste Wiederwahl des Langzeitpräsidenten. Aus Protest gegen Wahlfälschung bahnt sich im Norden des Landes ein Bürgerkrieg (sog. Tschad-Down) an, weshalb Déby seine Wahlparty einfach an die nördliche Frontlinie verlegt. Dort wird er von einem Geschoss getroffen und stirbt zwei Tage später. Damit sich die Abhaltung der Wahl dennoch gelohnt hat, übernimmt der Einfachheit halber Débys Sohn das Amt.

20. April: Am geschichtsträchtigen 20. April zeigt sich, wer Führungsqualitäten hat: Armin Laschet wird Unions-Kanzlerkandidat. Nach 16 Jahren merkelschem Protestantismus als Staatsreligion schickt sich nun der Aachener Katholik an, ins Kanzleramt aufzufahren. Wer sein Kreuz bei ihm macht, macht es womöglich sogar im doppelten Sinn: Traditionell bringen Regierungschefs, die zum Kanzler aufsteigen, ihre Entourage aus der heimischen Staatskanzlei mit nach Berlin, in seinem Fall Nathanael Liminski, für den die Bezeichnung „strammer Katholik“ noch eine Verharmlosung wäre. Ihm tun Homosexuelle „leid“, und ein toxikologisches Gutachten stellte fest, dass Liminiski unheilbar an Homophobie erkrankt ist. Kardinal Woelki überlegt inzwischen, wegen Liminski aus der katholischen Kirche auszutreten.

27. April: Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier entschuldigt sich dafür, dass eine ihm untergeordnete Behörde die Lärmbelastung von Windkrafträdern falsch berechnet hatte. Die Belastung war seit 2009 mit 100 Dezibel um die Hälfte zu hoch angegeben worden. Dies bedeutete seit über zehn Jahren Wind in den Segeln von Windkraftgegnerinnen. Künftig kommt ihnen zwar dieses falsche Argument abhanden, jedoch zeigen sie sich netterweise zum Umstieg auf andere falsche Argumente bereit. Die Entschuldigung für Altmaiers Abstandsregel, die den Ausbau der Windenergie bundesweit quasi gestoppt hat, kündigt der Minister für in zehn Jahren an.

 Text: Tilman Lucke