05.10.2021

No. 179

Sachsen. Unser failed state im Nahen Osten.

Im AfD-geprägten Sachsen haben die Grünen keine Chance. Daher treten sie zur nächsten Wahl als »Bündnis 33/die Braunen« unter Führung von Katrin GÖRING-Eckert an. Mehr zum schönsten Bundesland der Welt in der neuen Kolumne.

 

Heute geht es um das schönste Bundesland der Welt. Sachsen. Und über Sachsen macht man bekanntlich immer dieselben Witze, oder? Egal ob Kabarett oder Comedy, Bühne oder Fernsehen, Betriebsfeier oder gemütlicher Abend zu zweit, über Sachsen macht man wirklich ausnahmslos immer dieselben Witze. Dem Humorstandort Deutschland gelten Sachsen immer als rechts und doof. Daher soll diese Kolumne nun aber endlich mal mit Nachdruck zeigen, warum das auch stimmt! Also zumindest politisch. Es gibt zwar die rote Insel Leipzig, aber danach wird es doch wirklich düster. Daher wundert sich auch niemand über das Ergebnis der letzten Bundestagswahl. Bereits zum zweiten Mal wurde die AfD hier stärkste Kraft. Und zwar mit großem Abstand. Untersuchungen haben jetzt ergeben, August der Starke ist der einzige Sachse, der nicht AfD gewählt hat. Notorisch schwach in Sachsen sind dagegen die Grünen, die jetzt aber endlich aus ihren Fehlern gelernt haben. Zur nächsten Wahl treten sie dort als »Bündnis 33/die Braunen« unter Führung von Katrin GÖRING-Eckert an. Dann klappt’s auch mit der Machtergreifung.

 

Das wirklich Schlimme ist aber, das zeigen Studien aus früheren Wahlen, dass 70% der sächsischen AfD-Wähler*innen angeben, sie hätten die AfD aus inhaltlichen Gründen gewählt, also aus echter Überzeugung. 70 %! Das ist deutlich mehr als in anderen Bundesländern. 28 % wählten AfD, um anderen Parteien einen Denkzettel zu verpassen. Und die restlichen zwei Prozent wählten AfD, weil sie auf dem Wahlzettel die NSDAP nicht finden konnten. Komisch oder? Viele dachten, in Sachsen geht das noch. Dabei lohnt ein genauer Blick auf Sachsen, weil man hier wunderbar erkennen kann, wie nationalistisches und ausländerfeindliches Denken generell funktioniert. Fragen wir mal andersherum: Was gibt Menschen Sicherheit? Was sorgt dafür, dass Menschen optimistisch und unverzagt in die Zukunft schauen? Z.B. eine bezahlbare Wohnung auch bei geringem Einkommen. Welches Bundesland hat in den letzten Jahrzehnten die meisten Sozialwohnungen abgebaut? Sachsen. Wo machen sich die Menschen laut Umfragen am meisten Sorgen über eine bezahlbare Wohnung? In Sachsen. Was sorgt noch dafür, dass Menschen optimistisch und unverzagt in die Zukunft schauen? Z.B. ein sicherer Job mit guter Bezahlung. Wo sind sind die Durchschnittslöhne am niedrigsten? In Sachsen. Wo gibt es die meisten Niedriglohnempfänger*innen? In Sachsen. Und wo genießen die wenigsten Menschen einen Flächentarifvertrag? In Sachsen. Kleiner Fun Fact am Rande: Wer hat im Bundesrat als einziges gegen den Mindestlohn gestimmt? Die Bayern. Also die Bayern des Ostens: Die Sachsen.

 

Das ist aber alles nicht die Schuld der Flüchtlinge, die vor sechs Jahren ins Land gekommen sind, oder von Angela Merkel, die seit 16 Jahren im Amt ist, sondern das liegt alles eher im Kompetenzbereich der Landesregierung, die in Sachsen seit 31 Jahren im Amt ist. Da wählt man also in Sachsen seit über 30 Jahren ein und dieselbe Partei, die den Sozialstaat demontiert, aber wenn es einem schlecht geht, sind auf einmal die Ausländer*innen schuld. Geringe Löhne, gewalttätiger Mob auf der Straße und seit Jahrzehnten dieselbe Partei an der Macht. Da will dann auch kein Flüchtling hin, das kennen die alle schon von Zuhause. Dabei hat die sächsische CDU ja nicht nur den Sozialstaat ausgehöhlt. Es gibt eine interessante Studie zum Thema Rechtspopulismus und Rechtsradikalismus, und die kommt zu dem Ergebnis, »in Sachsen wirkt eine spezifische, von der sächsischen CDU dominierte politische Kultur, die das Eigene überhöht und Abwehrreflexe gegen das Fremde, Andere, Äußere kultiviert«. Das passiert, wenn in Sachsen seit 31 Jahren die CSU regiert. Die Christlich Sächsische Union. Und die ist halt sehr viel „konservativer“ als die Bundes-CDU. Anders gesagt, CDU-Sachsen, das sind Leute, die zu faul waren, in die AfD einzutreten.

 

 Text: Martin Valenske