28.02.2022

No. 200

Russisch Roulette

Autor: Martin Valenske

 

Angesichts der Lage in der Ukraine muss man es klar sagen. Bloodymir Putin hat jedes Verständnis für Geschichte verloren! Lieber Herr Putin, Weltkriege werden traditionell von Deutschland begonnen! (Steht das nicht sogar in der UN-Charta?) Militärische Maßnahmen Deutschlands gegen Russland sind natürlich ausgeschlossen. Schauen Sie sich doch nur mal den Zustand der Bundeswehr an! Fürchtete sich die Wehrmacht damals noch vor Väterchen Frost, fürchtet sich die Bundeswehr heute vor Väterchen Rost. Und jetzt liefert Deutschland auch noch Bundeswehr-Waffen an die Ukraine. Ganz ehrlich, wenn wir der Ukraine militärisch helfen wollen, müssten wir unsere Waffen dann nicht an Russland schicken?

 

Betrachtet man den Krieg nur oberflächlich, könnte man meinen: Hier überfällt eine aggressive imperialistische Großmacht brutal ihr Nachbarland. Doch so schnell sollte man nicht urteilen. Vielmehr muss man zuerst den größeren politischen, ökonomischen und historischen Kontext beachten! Dann erkennt man es eindeutig: Hier überfällt eine aggressive imperialistische Großmacht brutal ihr Nachbarland. Es existiert einfach kein Kontext, in dem die Sache anders aussieht! Daran ändern auch die reflexhaften Verweise auf aktuelle oder frühere Verfehlungen der NATO nichts. Trotzdem weiß man in der moralisch-zivilisatorischen Güllegrube der Social-Media-Kommentarspalten natürlich von lechts bis rinks, dass die NATO Schuld hat. Oft hört man, die NATO hätte Russland mit ihren Erweiterungen eingekreist. Aber wer die Strecke von Norwegen über das Baltikum bis zur Türkei als „Kreis“ bezeichnet, läuft wohl selber nicht ganz rund. Mich erinnern diese „Argumente“ der Putin-Versteher*innen immer ein wenig an die Kita: »Mein Kind hat heute in der Kita jemand gehauen. Finde ich aber ok, weil andere Kinder auch gehauen haben.« Das ist im Kern das geistige und „kritische“ Niveau derer, die jetzt mit unbegründeter moralischer Überlegenheit auf den Westen zeigen.

 

Was auch schockierend ist, mit welcher Arroganz über die Ukraine gesprochen wird. Warum gilt das Selbstbestimmungsrecht der Völker eigentlich nicht für die Ukraine? Haben diejenigen, die die Ukraine als Pufferstaat zwischen und West und Ost herbeiphantasieren oder die Ukraine gleich komplett der russischen Sphäre zuschlagen wollen auch nur eine Sekunde mit dem Gedanken verschwendet, was die Menschen in der Ukraine eigentlich wollen? Wer meint, die Ukraine müsse sich zur Wahrung des „Friedens“ russischen Sicherheitsinteressen oder Einflusssphären unterordnen und EU und NATO fernbleiben, der sollte bitte auch akzeptieren, wenn sein gewalttätiger versoffener Nachbar zur Wahrung des Hausfriedens darüber entscheidet, welchem Verein oder welcher Partei man beitritt. Ferner sollte man dann, zur Wahrung des Hausfriedens, auch akzeptieren, wenn der versoffene Nachbar 20 % der eigenen Wohnung okkupiert. Solche Gebietsverluste sind wohl nur zu ertragen, wenn man wie die Millionären Sahra Wagenknecht in einem Schloss wohnt. Apropos: Die Linke sieht sich ja traditionell an der Seite des kleinen Mannes, mit seinem Krieg hat Putin aber selbst hier den Bogen überspannt. Nach nur 21 Jahren Putinismus hört sogar in der Linken das Verständnis auf. Da hält es einen vor Aufregung gar nicht mehr auf den Stühlen, was wir angesichts dieser steilen Lernkurve in Zukunft noch alles von dieser Partei erwarten dürfen. 

 

Für die Zukunft bleibt uns als schwacher Trost und Hoffnungsschimmer wohl nur der alte Leitspruch: Heiße Kriege verlieren immer die Deutschen, kalte Kriege immer die Russen.

 


 
Martin Valenske ist zu sehen in: "Dauerstussverkauf" (Soloprogramm) und zusammen mit Henning Ruwe in "2022 - das kann heiter werden".