31.05.2022
No. 213
Volkszählung bei Hitlers
Laut „Tagesspiegel“ wurde bei der aktuellen Volkszählung ein Mann, der bereits 1969 verstorben war, als repräsentative Stichprobe ausgewählt und aufgefordert, Angaben zu seiner Person zu machen. Der Mann ist hochkriminell, da er zwischenzeitlich bei drei Volkszählungen die Rückmeldung verweigert hatte. Ein weiterer, nicht mehr lebender Mitbürger wurde ebenfalls gefragt. Wohnadresse: Alte Reichskanzlei 1, Untergeschoss. Wir waren dabei. (Das Video zum Text finden Sie hier.)
Autor: Tilman Lucke
Juten Tach, Schaluppke mein Name. Ick komme von der Volkszählung „Zensus 2022". Sieht aus, als hätt' hier 'ne Bombe einjeschlaĝen. Sie sind also Herr... Hitler? – Vorname? – Adolf? Aha. Alter? Stehn Se hier mit 56 drin, hat sich daran wat jeändert? – Nicht.
Jeschlecht: Männlich, weiblich, divers oder keene Anjabe? Jetz saĝen Se bloß nich „keene Anjabe", denn det wär' ja doch 'ne Anjabe. – Aha, nur ein Ei? Is'n Jrenzfall. Schreiben wa trotzdem mal „männlich". Ham Se eenmal zu oft in'n Sack jehauen, wa? Scherz.
Staatsanjehörigkeit? – Deutsch? Sehr jut. Dit is am einfachsten. – Wat? Doppelte Staatsbürjaschaft mit Österreich? – Ach, det wurde irjendwann zusammjelecht? Ha' ick nick mitjekricht. Na, umso besser. Lassen wa Österreich raus. Brauch keen Mensch! Darf ick ma Ihren Personalausweis sehn? – Ham Se nich? Sind 'n Reichsbürja, wa? Hähä.
Beruf? – Führer und Reichskanzler? Nie jehört. Na, ich mach' ma „öffentlicher Dienst", wa? Stümmt ja im weitesten Sinne immer. – Setz' ick da jetz 'n Haken oder 'n Kreuz? Am besten beides. Homeoffice, nehm' ick an? – Saĝen Se mal, Führer und Reichskanzler, kann man davon leben? – 'n paar Jahre schon, aber dann nich mehr? Na ja. Is Ihre Privatsache.
Familienstand? – Dit kommt jetz auf'n Stichtach an. Der Stichtach war vorjestern. – Da warn Se noch ledig. – Jestern jeheiratet? Na, Jlückwunsch nachträchlich! Kann ick Ihre Frau ma sprechen? – Liecht da hinten? – Soll ick jetz „verwitwet" schreiben? Oder lohnt sich det nich mehr? Sie sind mir ja 'n bisschen suspekt, Herr Hitler.
Nächste Fraĝe: Wie viele Personen haben zum Stichtach in dieser – na, ick nenn's jetz mal „Wohnung" – jewohnt? – Ach, doch so viele? Wer denn unjefähr allet? – Ah, zum Beispiel die Goebbels? Der Name klingt schon wie so 'ne Asifamilie von RTL: „Die Goebbels". Wahrscheinlich is sie so 'ne Tussi und er 'n Choleriker, der'n janzen Tach nur Fernsehen im Koppe hat. – Wat denn, wat denn, sechs Kinder ham die? Mein lieber Kokoschinski! Saĝ ick doch, Asis! Wahrscheinlich lassen se die alle verwahrlosen, kennt man ja. Sein Se froh, det Se keene Kinder ham mit Ihr halbet Ei.
Noch zwee, drei Fragen, Herr Hitler, weil wir dazu noch 'ne Umfraĝe machen: Fraĝe eiens: Sind Sie für Waffenlieferungen in die Ukraine? Ja, nein, vielleicht? – Aha, liefern und am besten gleich mitfahren, saĝen Se. Immer gib ihm!
Zwotens: Welche Partei würden Sie wählen, wenn am Sonntach Wahl wäre? – NSD...? Oh, die find' ick jetz hier nich inner Liste. Ma ehrlich, die Partei ham Sie sich doch ausjedacht! – Wat für ein Kloppi, ey! Dem ham se doch 'n Bonbon an't Hemde jeklebt! – Na ja, kreuzen wa mal AfD an. Kamman nüscht falsch machen.
Und letzte Fraĝe: Sind Sie besorcht wejen die hohen Spritpreise? – Ach, Sie ham noch een Kanister vorrätig. Vorbildlich!
So, det war't von mir. Übrijens: Nachher klingelt bei Ihnen noch ein Herr Lindner, der zahlt Ihnen Ihren Tankrabatt zurück. Ick zähle Sie dann in zehn Jahren wieder, falls Sie denn immer noch hier wohnen. Und falls nich – ooch. Tschüssikowski, Herr Hitler!