20.06.2022

No. 215

Bayerische Ausfälle, koreanisches Fieber und russische Zeitenwenden – komm, lieber Mai, und lache!

2. Mai: Ein Urteilsentwurf des amerikanischen Supreme Court erblickt vorzeitig das Licht der Welt: viele Wochen zu früh geboren und eigentlich nicht lebensfähig. Aber Abtreibung ist nun mal verboten. Das Oberste Gericht beendet nun die uralte Frage des Schwangerschaftsabbruchs mit einem Kompromiss: Das ungeborene Leben wird künftig bedingungslos geschützt, während man das geborene einfach an den Schulen zum Abschuss freigibt.

3. Mai: Kurzzeit-CSU-Generalsekretär Stephan Mayer tritt „aus gesundheitlichen Gründen“ zurück. Die „Bunte“ hatte berichtet, dass er für ein uneheliches Kind keine Alimente zahle. Daraufhin hatte er einen Journalisten am Telefon beschimpft und 200 000 Euro Schmerzensgeld gefordert – „die müssen Sie mir noch heute überweisen“! 200 000 Euro – als Kindergeld wäre das stattlich. Daraufhin soll ihn der Journalist unnachvollziehbarerweise als „verrückt“ bezeichnet haben. Mayer dementiert seine angebliche Wulffiade juristisch korrekt: „Ich bestreite die konkreten Vorwürfe mit Nichtwissen. Für den Fall, dass dies zutrifft, erachte ich die Wortwahl rückwirkend als unangemessen.“

8. Mai: Beim neuen CSU-Generalsekretär Martin Huber taucht nach der Rekordzeit von zwei Tagen ein Plagiatsverdacht auf. Damit ist er offiziell inthronisiert und gilt als unzurücktretbar.

8. Mai: Am Tag der Befreiung machen sich die Wählerinnen in Schleswig-Holstein ein besonderes Geschenk und wählen die AfD aus dem Landtag. Die AfD bekommt seit Jahren immer weniger Stimmen und ist damit beim nächsten ESC als deutscher Beitrag gesetzt.

8. Mai: In Nordkorea – neben Turkmenistan das einzige Land, das bisher offiziell von Corona verschont geblieben war – tauchen Tausende Fälle eines „rätselhaften Fiebers“ auf. Bei Kim Jong-un wird Fetterday-Night-Fever diagnostiziert. Die Krankheit scheint milder und schneller zu verlaufen als das, was man im Rest der Welt Covid-19 nennt: Zehn Tage nach den ersten Fällen gibt es bereits 210 000 Genesene. Die Zahl der Infektionen wächst rasch auf 1,2 Millionen – bei nur 64 000 durchgeführten Tests. Den Medizinnobelpreis hat Kim damit in der Tasche!

9. Mai: Die Regierungskrise in Sri Lanka eskaliert: Ministerpräsident Mahinda Rajapaksa tritt zurück. Sein wichtigeres Amt „Bruder des Präsidenten“ bleibt ihm allerdings erhalten. In Sri Lanka haben seit Jahrzehnten so viele Familien nach-, mit- und gegeneinander regiert, dass das wichtigste Verfassungsorgan die Familien-Whatsapp-Gruppe ist.

10. Mai: Die UEFA verkündet, dass das Finale der nächsten Fußball-EM in Berlin gespielt werden soll – am Sonntag, dem 14. Juli 2024. Damit steht gleichzeitig das Datum der Wiederholungswahl zum Berliner Abgeordnetenhaus fest.

11. Mai: Christian Lindner darf seine Hochzeit nicht in der Toskana abhalten. Weil das Neun-Euro-Ticket dort nicht gültig ist. Als Trostpreis gibt es Sylt. Wenn Lindner Pech hat, muss er dort am Ende noch Christine Lambrecht heiraten.

17. Mai: Verkorkste Siegerehrung – Augen auf bei der Getränkewahl! Biniam Girmay gewinnt die 10. Etappe beim Giro d’Italia. Leider schießt er sich auf dem Siegerpodest einen Sektkorken ins Auge und kann die Tour fortan nur im Fernsehen verfolgen: im ZDF – denn mit dem Zweiten sieht man besser.

21. Mai: Russland rächt sich am Westen für die Sanktionen und setzt seinerseits amerikanische Politiker auf die Liste der Einreiseverbote. Prominentestes Sanktionsopfer ist der 2018 verstorbene Senator John McCain. Auf der nächsten Sanktionsliste stehen dann Abraham Lincoln, Pocahontas sowie James und Marilyn Monroe.

23. Mai: Ein walisischer Kommunalpolitiker tritt zurück, weil er nicht „Banksy“ ist. Er war in den letzten Monaten so sehr damit beschäftigt, zu beweisen, nicht der berühmte anonyme Graffitikünstler zu sein, dass dies seine Fähigkeit behindert habe, politische Arbeit zu verrichten. „Gestochen scharf“ lüftet hiermit das Geheimnis, wer in Wirklichkeit „Banksy“ ist und deshalb sofort zurücktreten muss: Christine Lambrecht. Allerdings kann die Verteidigungsministerin anders als ihr Kollege in Wales nicht von ihrer Arbeit zurücktreten, weil sie das bereits am 8. Dezember 2021 getan hat.

24. Mai: Zum Thronjubiläum bekommt Elisabeth II. eine eigene U-Bahn-Linie geschenkt (die zweite nach der „Jubilee Line“, die noch von einem ihrer ersten Jubiläen übrig ist). Sofern sie über ein Neun-Pfund-Ticket verfügt, darf sie nun in die „Elizabeth Line“ einsteigen. Die Strecke sollte bereits 2018 eröffnet werden, aber damals stand kein Jubiläum an. In Deutschland soll demnächst auch eine Bahnlinie eröffnet werden, die nach jemandem benannt ist, der noch nie in seinem Leben Bahn gefahren ist: Namenspatron wird entweder Manfred Lutz oder Volker Wissing.

24. Mai: Die Ständige Impfkommission – die seit einem halben Jahr nichts mehr empfohlen hat und deshalb besser „Gelegentliche Impfkommission“ heißen sollte – empfiehlt für Fünf- bis Elfjährige lediglich eine Einmalimpfung gegen Covid-19. Begründung: Weil bisher keine Impfempfehlung für diese Altersgruppe existierte, hätten sich fast alle Kinder bereits infiziert, deshalb genüge nur eine Dosis. Die nun empfohlene Infektions-Erstdosis hatten die meisten Kinder bis dahin „off label“ genutzt.

28. Mai: Die russischen Besatzer führen im ehemals ukrainischen Cherson die Moskauer Zeit ein. Die russische Zeit geht gegenüber der ukrainischen bekanntlich um zwei bis drei Jahrhunderte nach, aber auf der Uhr liegt Moskau eine Stunde vor Kiew. Allerdings gilt in Russland, anders als im Rest Europas und damit auch in der Ukraine, keine Sommerzeit. Die Zeitumstellung in Cherson kann also praktischerweise so durchgeführt werden, dass sich überhaupt nichts ändert. Insofern steht die russische „Zeitenwende“ der deutschen in nichts nach.