01.07.2022

No. 217

Documenta in Riesa – Monatsrückblick Juni

1. Juni: Deutschland bekommt das Neun-Euro-Ticket geschenkt! Monatelang wurden zuvor die Vorzüge des Tickets plakatiert, wie bei einer Guerilla-Werbekampagne eines unbekannten Start-ups: Alle reden darüber, während niemand weiß, wozu das Produkt gut sein soll. Und drei Monate nach der Markteinführung ist das Start-up völlig zu Recht pleite. Der Unterschied zur Bahn besteht darin, dass bei einem insolventen Start-up der Service besser ist. Mit der Rabattaktion stehen die Ukraine und die Deutsche Bahn übrigens in einem bemerkenswerten Zusammenhang: Am einen Ort ist Krieg, es herrscht Mangel in allen Bereichen, während wilde Horden alles überrennen – und der andere Ort ist die Ukraine.

1. Juni: Amber Heard und Johnny Depp streiten sich vor Gericht darum, wer von beiden der Beklopptere ist. Das Gericht verurteilt Amber Heard zu 10,4 Millionen Dollar Schadensersatz gegenüber Depp, während Letzterer ihr gegenüber Schadensersatz in Höhe von 2 Millionen Dollar zahlen muss. “ Das Gericht hält sich mit den Strafmaßen genau an die Vorgaben des Gender Pay Gap und beendet den Urteilsspruch mit dem Satz: „Sie dürfen die Schecks jetzt tauschen.“

2. Juni: Die UNO ändert den Staatsnamen der Türkei von „Turkey“ in „Türkiye“, um einer Verwechslung mit dem Federvieh vorzubeugen. Schließlich ist bekannt, dass Erdoğans Wappentier die Ziege ist. Dass Schweden in der Ostsee die türkische Insel „Goatland“ besetzt hält, veranlasst Erdoğan zur Blockade des schwedischen NATO-Beitritts. #mähtoo

3. Juni: Der Bundestag stimmt dem Sondervermögen für die Bundeswehr zu. Die Abzahlung des Kredits soll laut Christian Lindner über einen Sondergenerationenvertrag laufen. An der Spitze der Armee steht weiter ein Sonder-Unvermögen: Christine Lambrecht.

6. Juni: Putins Außenminister Lawrow, der Humor hat und deshalb mit Vornamen „Sir Gay“ heißt, wird an einem Flug nach Serbien gehindert, weil ihm die NATO kein Überflugrecht einräumt. Der Minister schäumt: „Das Recht eines souveränen Staates, Außenpolitik zu betreiben, wurde missachtet.“ Wie praktisch für ihn, dass Russland wenigstens in der Ukraine ungehindert Außenpolitik betreiben kann.

7. Juni: Angela Merkel erklärt in ihrem ersten Interview seit einem halben Jahr, dass sie sich nicht zur Politik äußern werde – und bleibt sich damit treu. Allerdings spricht sie der aktuellen Bundesregierung ihr Vertrauen aus. Damit ist der Rücktritt von Olaf Scholz nur noch eine Formsache.

7. Juni: Die SPD nimmt in Umfragen wieder ihren angestammten Platz ein und fällt unter die 20 Prozent. Unterstützung kommt von Wolodymyr Selensky, der in einer Fernsehansprache betont, die SPD solle die nächste Wahl zwar nicht gewinnen, aber sie solle „bestehen“.

15. Juni: Das Bundesverfassungsgericht rügt Angela Merkels Forderung, die Ministerpräsidentenwahl in Thüringen „rückgängig“ zu machen. Damit bekommt die AfD in doppelter Hinsicht recht: Man darf in diesem Land nichts mehr sagen!

18. Juni: In Riesa finden die Eröffnung der Documenta und in Kassel der AfD-Parteitag statt. Oder umgekehrt? Jedenfalls wird beidesmal der geplante Antisemitendeckel mit großer Mehrheit abgelehnt. Die geplante Abhängung eines rassistischen Kunstwerks scheitert, da sich Björn Höcke nicht abhängen lassen will.

24. Juni: Der „Tagesspiegel“ berichtet, dass im Berliner Abgeordnetenhaus in der vergangenen Wahlperiode über 18 000 schriftliche Anfragen an den Senat gestellt wurden, doppelt so viele wie fünf Jahre zuvor. Die meisten Anfragen stammen aus den Reihen der AfD: Damit gilt der Spruch „Wer nicht fragt, bleibt dumm“ als offiziell widerlegt.

24. Juni: Franziska Giffey telefoniert mit einem falschen Witali Klitschko. Die Bürgermeisterin lässt sich aus Rache von dem Double mit einem falschen Doktortitel anreden.

26. Juni: In Kolumbien wird ein Stierkampf abgebrochen, weil eine Tribüne einstürzt. Tiere kommen nicht zu Schaden – das passiert dort nur, wenn keine Tribüne einstürzt.

27. Juni: Eine Schule in Prenzlauer Berg plant wegen Lehrermangels die Verkürzung des Schultages, indem alle Schulstunden nur noch 40 Minuten dauern sollen. Falls das nicht helfe, das Niveau zu steigern, ist eine Verkürzung der Notenskala von 1 bis 4 angedacht. Franziska Giffey gefällt das!

30. Juni: Bongpflicht in Südostasien: Auf den Philippinen wird der Diktaturensohn „Bongbong“ Marcos als Präsident vereidigt. Sein gleichnamiger Vater hatte bereits von 1965 bis 1986 die Ehre, das Land ruinieren dürfen. Bongbongs direkter Vorgänger Rodrigo Duterte verfügt lediglich über eine Tochter, für die es nach alter Diktatorengepflogenheit lediglich zur Vizepräsidentschaft reicht.

Tilman Lucke ist zu sehen in: "frisch gepresst. Satirischer Monatsrückblick" und in seinen Soloprogrammen  "Verdummungsverbot", "Entweder Und!" und "Lucking zurück".