23.08.2022

No. 225

Es irrt der Mensch, solang er klebt – Verrücktes im Juli

Im heißen Juli kleben irgendwie alle: Klimaschützer an Gemälden, Boris Johnson am Stuhl, die Bundeswehr an den Buchstaben des Gesetzes, und Michael Kretschmer verbrennt sich die Zunge am eingefrorenen Ukraine-Krieg. Was sonst noch wichtig war – der Juli-Rückblick.

Autor:  Tilman Lucke

 

1. Juli: Elon Musk besucht den Papst. Er findet es nett, endlich mal seinen Stellvertreter zu treffen.


4. Juli: Die FDP schlägt Englisch als zweite Verwaltungssprache in Deutschland vor. Günther Oettinger gefalls that! Geplant ist die Einführung der zweiten Sprache direkt nach der Implementierung von funktionierendem Deutsch als erster Verwaltungssprache.


5. Juli: Es irrt der Mensch, solang er klebt: Vier Klimaaktivisten der Gruppe „Just stop oil" kleben sich in London an einem – klaro! – Ölgemälde fest, dem „Letzten Abendmahl" aus dem 16. Jahrhundert. Ein paar Straßen weiter lässt sich ein Premierminister von dem Stillleben mit nun 17 Personen inspirieren und klebt sich an seinem Stuhl fest. Er kann erst Anfang September endgültig befreit werden.


7. Juli: Zum ersten und einzigen Mal vollzieht sich in der Ampelkoalition ein funktionierender Ringtausch: Christian Lindner tauscht den Ring mit seiner Frau Franca Lehfeldt.


7. Juli: Der Bundestag beschließt das „Bundeswehrbeschaffungsbeschleunigungsgesetz". Künftig sollen Donaukampfschifffahrtskapitänsmützen schon in der halben Zeit verfügbar sein. Also in zehn Jahren. #Wirbeschaffendas


7. Juli: Ferda Ataman wird zur Antidiskriminierungsbeauftragten des Bundes gewählt. Auch Gerda Alman hatte zur Wahl gestanden, aber Kartoffeln dürfen natürlich nicht Antidiskriminierungsbeauftragte werden. Die Stelle war seit 2018 unbesetzt, weil die damalige Leiterin ihr Amt nicht antreten konnte: Eine unterlegene Bewerberin hatte damals wegen Diskriminierung geklagt.


18. Juli: Der frühere Landrat von Segeberg Anton Graf Schwerin von Krosigk wird als vermisst gemeldet und zwei Wochen später tot aufgefunden. Er starb standesgemäß – wortwörtlich im Felde. Der Sohn von Hitlers Finanzminister und Onkel von Beatrix von Storch war zeitlebens stolz darauf gewesen, genau 8888 Tage lang als Landrat amtiert zu haben. Die Ziffer 8 soll schließlich Heil versprechen.


19. Juli: Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer fordert ein „Einfrieren" des Ukraine-Krieges. Der Kryokonservative geht mit gutem Beispiel voran und hat sein Niveau bereits dem absoluten Nullpunkt angenähert.


19. Juli: Der Bundespräsident übernimmt die Ehrenpatenschaft für die Drillinge von Bushido. Traditionell ist das Staatsoberhaupt Pate von jedem siebten Kind einer Familie. Bushido, die Ursula von der Leyen des Raps, hatte mit seiner Frau bereits fleißig vorgelegt. Derzeit ist der Sänger bekanntlich wegen gerichtlicher Verpflichtungen häufig daran gehindert, seinen Kindern das traditionelle Handwerk der Körperverletzung, Steuerhinterziehung und des versuchten Versicherungsbetrugs beizubringen. Es bleibt unklar, ob der Pate bei der Weitergabe dieser Kunstfertigkeiten behilflich sein kann.


21. Juli: Bei den Wagner-Festspielen kommen Sexismusvorwürfe auf. Gott sei Dank kein Antisemitismus!


26. Juli: Wladimir Putin steigt aus der Internationalen Raumstation aus. Leider nicht wörtlich.


26. Juli: In Braunschweig fährt ein Mann „beim Ausparken" in einen Supermarkt. Die Glasfront im Kassenbereich ist komplett verwüstet. Der Mann hatte „Park and ride" gleichzeitig praktiziert. Sein Lappen ist nun weg – der fatalste Braunschweiger Führer-Schein seit 1932, als Adolf Hitler in der Stadt zum braunschweigischen Beamten ernannt und damit deutscher Staatsbürger wurde.


27. Juli: Berlin kündigt die Abschaltung der Beleuchtung von öffentlichen Gebäuden in der Nacht an. Berlin bleibt doch Berlin, und deshalb erfolgt die Abschaltung nicht sofort, sondern innerhalb von drei bis vier Wochen. 1400 Strahler müssen manuell ausgeschaltet werden und sind damit die einzigen Dinge in Berlin, die man aktiv außer Betrieb setzen muss. Die Abschalt-Aktion kostet insgesamt 40 000 Euro, so viel wie die Beleuchtung ein Jahr anzulassen. Ob die Verantwortlichen in den folgenden Wochen alle Aus-Knöpfe finden werden, bleibt im Dunkeln.


30. Juli: Boris und Carrie Johnson feiern ihre Hochzeit mit einer großen Sause nach. 2021, im Jahr der eigentlichen Heirat, hatte der Regierungschef zwischen den ganzen Lockdown-Partys einfach einfach zu wenig Zeit für eine Hochzeitsfeier gehabt.

 


Tilman Lucke ist zu sehen in: "frisch gepresst. Satirischer Monatsrückblick" und in seinen Soloprogrammen  "Verdummungsverbot", "Entweder Und!" und "Lucking zurück".