28.10.2022

No.234

Deutschland 2050 – Teil 2

Von Martin Valenske

Nachdem im ersten Teil dieser Kolumne über die Gefahren des Klimawandels für Deutschland gesprochen wurde, sollen heute mögliche Vorteile der Erderwärmung erwähnt werden. Selbst konservative Prognosen gehen davon aus, dass Mitte des Jahrhunderts sowohl die absoluten Temperaturen als auch die Anzahl der Hitzetage in Deutschland Werte erreichen, die wir derzeit nur aus dem sommerlichen Südeuropa kennen. Und diese Entwicklung könnte Menschen durchaus toleranter machen.

Bei 45 Grad sind die Deutschen doch über jeden äthiopischen oder sudanesischen Flüchtling froh, der oder die sich hier als Bauarbeiter:in verdingt. Schließlich sind sie diese Hitze von zu Hause gewöhnt. Dann heißt es auch von Seiten der AfD: »Die Ausländer nehmen uns die Arbeitsplätze weg – Gott sei dank!« Außerdem birgt der Klimawandel auch Kostenvorteile: In Zukunft kann man im Winter Obdachlose ohne schlechtes Gewissen unter der Brücke schlafen lassen. Wenn es „kalt" ist, spendieren man ihnen eine kurze Hose und gut ist – das entspricht übrigens auch Friedrich Merz' Idee, die Klimaerwärmung durch soziale Kälte auszugleichen. Der Mann ist eben ein echter Visionär.

Was die Vorfreude auf höhere Temperaturen wiederum mildern könnte, das ist das gesteigerte Hautkrebsrisiko. Das deutsche Krebsforschungszentrum schreibt auf seiner Webseite: »Die Klimaveränderungen führen unter anderem dazu, dass Menschen vermehrt der ultravioletten Strahlung (UV-Strahlung) der Sonne ausgesetzt sind. Dies erhöht das Hautkrebsrisiko.« Darüber hinaus macht Hitze Menschen auch aggressiver und erhöht die Zahl der Straftaten, wie Studien aus den USA nahelegen. Und das wird auch für Deutschland ein Problem, denken Sie doch nur mal an die ganzen rechten Wutbürger in Ostdeutschland. Das sind ja jetzt schon ziemliche Hitzköpfe.

Die bekommen dann in Zukunft alle noch einen Sonnenstich und beklagen den Verlust ihrer „Kultur", weil sie feststellen müssen: FKK im Sommer? Kein Problem. Aber aus Schutz vor Hautkrebs nur noch unter der Burka. Was ist dann wohl erst los im Land? Man mag es sich gar nicht vorstellen. Jedoch sollten wir uns auf solche Szenerien vorbereiten. Schließlich sind die weltweiten Anstrengungen, die Klimaerwärmung sinnvoll zu begrenzen, mit »halbherzig« noch höchst wohlwollend beschrieben und stoßen auch hierzulande immer öfter auf Gegenwehr.

Das beste Beispiel ist etwa die zunehmende Kritik an Windkraftanlagen. Die werden von vielen Menschen in Deutschland abgelehnt, u.a. mit der Begründung, sie seien eine tödliche Gefahr für Vögel – so Beatrix von Storch, AfD. Bis zu 100.000 Vögel sollen jährlich durch Windräder sterben, das ist eine enorm hohe Anzahl, vor allem, wenn man sie mit den 18 Millionen Vögeln vergleicht, die alleine in Deutschland jedes Jahr an Glasscheiben sterben! Wesentlich stichhaltiger ist dagegen das Argument, dass Windräder hässlich sind und die Landschaft verschandeln.

Das ist richtig, vor allem, wenn man Windräder mit bisherigen Energiequellen vergleicht. Wie viel schöner ist denn bitte so ein aufgegebener Tagebau? Auf jeden Fall viel hübscher als Windräder oder die dafür abgerissenen Wälder und Dörfer. Und sind die niedlichen kleinen Tagebaubagger nicht pittoresk? Verwandeln die hübschen Fördertürme des Kohlebergbaus den Ruhrpott nicht in ein traumhaftes Urlaubsparadies? Stichwort »Bochum statt Bali«. Damit können ein keinerlei Dreck produzierendes Windrad oder eine Solaranlage natürlich nicht mithalten. (Fördertürme, Kohlengruben und Uranminen haben gegenüber Windrädern auch den unschlagbaren ästhetischen Vorteil, dass sie im Vorgarten anderer Menschen stehen.) Das gleiche gilt übrigens auch für das Ausland.

Was wäre Frankreich mit seinen langweiligen Weinbergen, seinen stinkenden Lavendelfeldern und seinen unnötigen Mittelmeerstränden denn schon, wenn nicht überall ein betörend attraktives AKW die Landschaft aufhübschen würde? Das ist doch gebaute Romantik! Das ist so schön, da kommen selbst links-grün versiffte Umweltschützer:innen heimlich ins Schwärmen.