14.03.2019

No. 44

Warten auf GroKo – ein Jahr ist kein Jahr - Teil I

Merkel-Kabinett im Faktencheck 07

Glanzvolle Erfolge pflastern den Weg der großen Koalition: Miete, Maut, Maaßen und vor allem: Mittelmaß. Schon Franz Müntefering wusste: „Opposition ist Mist“. 15 Jahre und sieben SPD-Vorsitzende später dürfte der Beweis erbracht sein: Regieren ist auch Mist. Der großen Koalition, die im Gegensatz zu früheren Regierungsbündnissen schon lange nicht mehr groß geschrieben wird, droht als Nichtregierungsorganisation die Aberkennung der Gemeinnützigkeit.

Autor: TILMAN LUCKE


Die SPD probiert es nach 150 Jahren zurzeit mit etwas ganz Neuem: mit sozialer Gerechtigkeit. Ein Schelm, wer dabei denkt, die Sozialdemokraten kümmerten sich erst um die Arbeitslosen, wenn sie selbst kurz vor dem Jobverlust stünden! Mit sozialen Wohltaten geht es der SPD ein bisschen wie mit der Aufstellung einer Frau für das Amt des Bundespräsidenten: Wenn es keine Aussicht auf Erfolg gibt, sehr gern! In allen anderen Situationen: Sehr gern, aber machen wir irgendwann mal.

Allerdings gibt es neben der vorgeschlagenen „Respektrente“ durchaus einige neue GroKo-Deals mit SPD-Handschrift, in diesem Fall sogar in Schönschrift: Wortneuschöpfungen wie das „Gute-Kita-Gesetz“ und „Starke-Familien-Gesetz“ entstammen dem „Gute-Politik-Programm“, wie das SPD-Parteiprogramm bisher hieß. Aus „Tu Gutes, und rede darüber“ wird: „Mach Gesetze mit guten Namen, und rede über die Namen“. Gute-Worte-Ministerin Franziska Giffey heißt jetzt übrigens offiziell „Doktorin der Herzen“, falls die „Freie Universität“ (bald „Böse Universität“) ihr den Doktortitel aberkennen sollte.

Das SPD-Gesetzes-Framing (benannt nach dem Namensgeber des Willy-Brandt-Hauses, Herbert Frame) kommt leider nicht überall gut an: Der Deutschlandfunk nennt das „Gute-Kita-Gesetz“ nicht einmal „das sogenannte“, sondern weigert sich strikt, mitzuframen.

Wenn die GroKo nicht gerade Bullshit-Bingo mit Gesetzesnamen spielt, stehen Nachbesserungen auf der Tagesordnung. Hier eine kleine Liste der GroKo-Deals, die zwar schon beschlossen wurden, aber nachgebessert werden müssen:

- Die Mietpreisbremse, 2015 beschlossen, wirkt nicht wie geplant und muss schon reformiert werden.

- Die Bundeswehr ist im Gegensatz zu ihrer Chefin nicht allzu gut in Schuss, wie der Armutsbericht, also der Bericht des Wehrbeauftragten, gerade wieder bestätigte. Wegtreten zum Nachbessern!

- Die PKW-Maut war so ein gutes Gesetz, dass sie vom Bundestag sogar zweimal beschlossen wurde: 2015 und 2017. Das Datum des Inkrafttretens ist an die Inbetriebnahme des Berliner Flughafens gekoppelt. Sollte die Maut nach einem positiven Urteil des EuGH doch noch irgendwann starten, wird sie mehr kosten, als sie einbringen wird. Vielleicht sollte man sie nachbessern.

- Die Flüchtlingskrise meisterte die Regierung ganz ordentlich. – Spaß. Natürlich nicht. Die Hälfte aller Abschiebungen im letzten Jahr ging schief, nach der Devise: Abgeschoben ist nicht abgehoben. Muss auch nachgebessert werden.

Wir schweigen an dieser Stelle von der Diesel-, Bahn-, Euro-, Digital- und Klimakrise. All das soll möglichst bald in Angriff genommen werden. Schwarz-Rot ließ sich also für all das wiederwählen, was ihre Vorgängerin – also sie selbst – nicht auf die Kette bekam. Das schafft natürlich Vertrauen. Und lässt ahnen, wofür die Regierung 2021 noch einmal Besetzung antreten wird.

Na dann: Gute Nachbesserung!

 

 


Tilman Lucke ist zu sehen in: "frisch gepresst. Politcomedy-Late-Night", "Zwei Päpste für ein Halleluja" und in seinem Soloprogramm "Verdummungsverbot".