20.12.2019

No. 83

Von Instagrau bis Ostzon: Die besten Internetseiten der DDR

#70JahreDDR

Sowohl der Mauerfall als auch das Internet wurden 2019 dreißig Jahre alt. Schade, wir hätten gern gewusst, wie die DDR das Netz für sich nutzt. Die SED hätte den Anfang gemacht und sich frisch und modern in PDF umbenannt. Teil 2 unserer Reihe „DDR 2019“ (vom 25.11.19) blickt hinter die Firewall und fragt sich: Was twittert Schabowski, welcher Influencer ist angesagt, und was rät einem der Wahl-o-mat für die Volkskammerwahl? #70JahreDDR – ein Klick durch die beliebtesten Websites!

Autor: Tilman Lucke

 

 

- www.ostzon.ddr: Die Vorläufervariante von Amazon war noch nicht ganz ausgereift – im wahrsten Wortsinn: Klickte man beispielsweise auf Waren wie Bananen oder Avocados, las man die Fehlermeldung: „Artikel nicht lieferbar.“ Schade. Es wurde einem dennoch weitergeholfen: „Kunden, die dieses Produkt nicht bekamen, konnten auch nicht kaufen...“ Das Topprodukt von Ostzon war natürlich der Sprachassistent. Alexa war heute, Ostzon setzte auf „Margot“.

- www.blacktube.ddr: wörtlich übersetzt: „Der schwarze Kanal“. Blacktuber „Sudel-Ede“ hatte zwar keine blauen Haare, aber eine stylische Hornbrille. Neben Trabi-Tutorials und Unboxing von abgefangenen Westpaketen war sein meistgeklicktes Video: „Die Zerstörung der CDU“.

- www.instagrau.ddr: die Seite für Fotos aller Art. Special-Feature: Es können nur graue Bilder hochgeladen werden! Die schönsten Urlaubsorte – Bitterfeld, Borna und Bautzen – erstrahlen also in ihren Originalfarben. Die DDR war ja nicht nur eine rechtliche Grauzone. Beliebtester Lost Place für junge Leute: Instawalde.

- www.ddairbnb.ddr: Mit dem Reiseportal fast weltweit unterwegs: von Cottbus bis Putbus und von Gera bis Prora. Der Reisefreiheit sind kaum Grenzen gesetzt.

- www.twitter.ddr: Apropos Reisen – das Politbüro würde natürlich auch twittern. Hier ein berühmter Tweet von „@TheRealSchabowski“ vom 9. November 1989: „Das tritt, nach meiner Kenntnis ist das sofort – unverzüglich. #Wahnsinn #verzettelt“ Den Tweet hätte aber keiner mitgekriegt, weil man auf einen Twitteraccount achtzehn Jahre lang gewartet hätte. Dann würde die Mauer heute noch stehen.

- www.volksscammer.ddr: Wurde zum Schutz vor Spam und Scam eingerichtet: In Spam-Mails böte einem allerdings kein nigerianischer Prinz zweifelhafte Millionen an, sondern – politisch korrekt – ein verarmter MPLA-Kämpfer aus Angola.

- www.wahl-o-mat.ddr: Er erleichtert die Qual der Wahl: Aus der Fülle der Parteien in der DDR könnte man bis zu eine Partei auswählen und die Programme miteinander vergleichen. Daraufhin wird ausgerechnet, mit welcher dieser Parteien man die größten Übereinstimmungen hätte. Aber Vorsicht beim Wählen: Wie heute wäre es gut möglich, dass die Wahl von Russland aus manipuliert wird.

- www.facebook.ddr: Facebook und andere sozialistische Netzwerke wie StasiVZ wären in der DDR ganz schlimm: Da müsste man all seine Daten angeben, Fotos, Vorlieben, Freundeslisten, Lieblingsmusik, und alles, was man von sich gibt, würde irgendwo gespeichert, ohne dass man es kontrollieren könnte. Schreckliche Vorstellung! Zum Glück kam es dann doch anders.

 

 


Tilman Lucke ist zu sehen in: "frisch gepresst. Satirischer Monatsrückblick" und in seinen Soloprogrammen  "Verdummungsverbot" und "Lucking zurück".