Stückverantwortung & Regie - Die Macher von "Einmal Deutschland für alle" I
Wann begannen die Überlegungen zum neuen Programm?
Die ersten Überlegungen liegen bis zu 12 Monate zurück. Zuerst wurden die verantwortlichen Autoren ausgewählt. Die beiden beauftragten Autoren Robert Schmiedel und Frank Voigtmann haben uns zunächst 3-4 Plots vorgestellt, unter denen wir - das Ensemble und ich - ausgewählt haben. Die letztendliche Entscheidung fiel dann auf den Plot rund im einen Essen-Lieferservice mit drei Figuren, die – stellvertretend für uns alle – in vielen Gesprächen aktuelle Themen abhandeln.
Die Autoren begannen, zu schreiben. Parallel habe ich als Künstlerischer Leiter noch andere Autoren angesprochen, die zusätzlich möglichst passende Nummern liefern sollten. Während dieser Zeit gab es einen andauernden regen Austauschprozess.
Wie findet man einen Titel für das Programm?
Wir wollten einen Titel, von dem wir uns eine längere zeitliche Gültigkeit versprechen konnten, der witzig ist und Lust weckt. Und wir suchten nach einem Titel, der sowohl auf die Lieferservice-Story anspielt, aber zugleich einen politischen Kontext hat. Zu diesem Zeitpunkt war gerade das deutsche Verhalten in der Griechenland-Krise stark in der Diskussion; also wie sich die deutschen Politiker aufgespielt haben, als wüssten sie, wie die Griechen das bei sich machen müssten. Deshalb fanden wir „Einmal Deutschland für alle!“ ganz passend. Inzwischen hat sich die Brisanz des Titels mit dem Flüchtlingsströmen noch zugespitzt und wir sind top-aktuell in den Assoziationen, den dieser Titel in den Köpfen der Menschen auslöst.
Übrigens haben wir für diesen Titel zum ersten Mal auch das Publikum befragt. An etwa drei Abenden haben wir Zettel mit unseren 5 Favoriten-Titeln zur Auswahl ausgeteilt und gefragt, in welches dieser Programme sie am liebsten gehen würden. Ehrlich gesagt haben wir uns dann gar nicht für den Sieger, sondern für den zweiten Platz entschieden. Der war für uns am stärksten.
Im Übrigen machen wir jetzt vor jeder Premiere eine offene Probe, zu der wir das Publikum einladen, mit uns zu dem Gesehenen ins Gespräch zu kommen.
Wenn dann die Proben beginnen; inwieweit beeinflussen die Ideen für die Inszenierung dann noch das Textbuch?
Als Regisseur orientiere ich mich erst einmal am Textbuch. Doch dann merkt man z.B. an der dramaturgischen Entwicklung einer Figur innerhalb der Rahmenhandlung, dass da Nummern getauscht werden müssen. Es gibt auch Anpassungen, wenn die Mischung zwischen scharfen, schwarz-humorigen und leichteren Nummer nicht gewahrt ist.
Auch an den Texten selbst wird immer noch gearbeitet; mal haut ein Nummernende noch nicht hin, manchmal muss der Text noch zugespitzter, tiefgründiger werden oder es fehlen noch Pointen. Als Regisseur entscheide ich dann, ob der Eingriff, den wir brauchen, so groß ist, dass der Autor noch einmal gebeten wird, den Text zu überarbeiten. Ansonsten haben die Schauspieler oder unsere Musiker selbst viele Ideen.
Sie haben schon mehrmals für die DISTEL Regie geführt; nun sind Sie seit Januar Künstlerischer Leiter der DISTEL und jetzt zugleich Regisseur des Programms. Beeinflusst das Ihre Inszenierungsarbeit?
Zunächst nicht; aber dann komme ich abends nach den Proben nach Hause und es kommt schon vor, dass der Künstlerische Leiter nun mit dem Regisseur diskutiert. Das ist dann in etwa so: Während sich der Regisseur bei seinen Inszenierungsideen nur von seiner eigenen Überzeugungen leiten lässt, bringt der KL doch schon die Publikums-Interessen ins Spiel. Das ist schon kurios und sicher aber vor allem bereichernd.
© Jörg Metzner