Interview mit Jens Neutag und Duo ONKeL fISCH (Adrian Engels & Markus Riedinger) - die Autoren von „Wohin mit Mutti?“
Im Programm „Wohin mit Mutti?“ muss die Bundeskanzlerin Angela Merkel spontan bei einer unbekannten Familie, Familie Riethmüller, untertauchen. Wie sind Sie auf diese Idee gekommen?
Nun, das Ganze hat eine gewisse Logik: Was ist das beste Versteck für eine Kanzlerin, wo würde sie absolut niemand vermuten? Mit „Irgendwo in Friedrichshain im zweiten Stock“ rechnet nicht mal der ausgefuchsteste Terrorist. Die Grundidee und vor allem der großartige Titel stammt von Timo Doleys (DISTEL-Ensemble-Mitglied & Darsteller in "Wohin mit Mutti?"), der sie uns zur Bearbeitung überließ. Wir haben uns dann die Geschichte und die Personen dazu ausgedacht.
Inwieweit bietet dieser Plot eine Basis für ein Kabarett-Programm, das das politische Tagesgeschehen unter die Lupe nimmt?
Richtig spannend sind die unterschiedlichen Perspektiven, die hier aufeinander prallen. Staatsräson und Herrscherinstinkt treffen auf Alltag und die Sicht des „einfachen“ Bürgers. Globale Problematiken und aktuelle politische Entwicklungen können hier von beiden Seiten aus betrachtet werden.
Unterscheidet sich das Programm stilistisch von anderen Programmen?
„Wohin mit Mutti?“ ist ein komisches Kabarett-Theaterstück mit fortlaufender Handlung. Insofern ist es keine klassische Nummernrevue, sondern eine zusammenhängende Geschichte mit sich entwickelnden Personen und Situationskomik. Aber manches bleibt auch beim Bewährten: Alle Rollen werden von drei Schauspielern übernommen und es wird mal wieder großartig gesungen.
Wie entsteht ein Witz? Wie entsteht eine kabarettistische Pointe? Wann wissen Sie, so formuliert oder gedreht, wird es witzig?
Man kann das ein bisschen mit Kochen vergleichen: Je öfter man es macht, desto eher weiß man beim Zusammenstellen der Zutaten, was lecker wird. Humor lässt sich aber ungemein schlecht erklären. Meist schreibt man eine Pointe, die man selber lustig findet und überlegt dann, wie man den Witz jemand anders erklärt.
Wie lange dauert es, bis aus einer einfachen Idee ein komplettes Textbuch entsteht? Bei den DISTEL-Programmen sind ja ebenso weitere Autoren beteiligt. Wie verläuft die Zusammenarbeit untereinander?
Die erste Idee kam im Dezember, geschrieben haben wir von Januar bis April. Dazu kamen Texte von den anderen Autoren. Diese mussten von uns in die Handlung integriert und angepasst werden. Parallel dazu haben wir und andere Texte für die Lieder geschrieben, auch hier wird dann nochmal gefeilt. Am besten ist es immer, ein paar Texte zu viel zu haben. Es ist äußerst hilfreich, wenn man zwischendrin immer mal wieder was wegschmeißen kann, damit das Gesamtkonstrukt in seiner ganzen Schönheit entsteht.
Inwieweit planen und texten Sie die musikalischen Einlagen oder Songs?
Uns war z.B. von Anfang an klar, dass wir ein Duett von Merkel mit einem Staubsauger drin haben wollten. Das passt dann zu Merkel Physikerinnen-Hintergrund und schreit nach einer musical-artigen Nummer. Mal ist die Idee zuerst da, mal merkt man, dass man für den Fluss des Abends an einer Stelle ein flottes oder ein getragenes Lied gut gebrauchen könnte. Geplant werden Inhalt und Form der Lieder. Das Schreiben von Text und Melodie verteilt sich auf verschiedene Köpfe.
Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit dem Regisseur?
Mit Dominik haben wir sehr eng und produktiv zusammen gearbeitet. Wünsche von beiden Seiten wurden geäußert und dann eingefügt oder verworfen. Der Regisseur muss einen Zugang zum Material entwickeln und die Autoren müssen verstehen, was der Regisseur braucht. Es ist ein stetes Geben und Nehmen, und manchmal natürlich auch ein gepflegtes Hauen und Stechen.
Wie gehen Sie mit inhaltlichen Anfragen und Änderungswünschen des Regisseurs um?
Wir diskutieren darüber sehr offen. Man merkt im Gespräch sehr schnell, wann eine Idee oder eine Änderung Sinn ergibt oder nicht. Das Ergebnis muss stimmig sein und im Falle von „Wohin mit Mutti?“ ist uns das unserer Meinung nach gelungen.
Sind Sie bei den Proben auch mal dabei oder kommen Sie erst zur Premiere?
Jens war auf der ersten Leseprobe und wir alle verfolgen den Probenprozess durch Feedback aus dem Probenraum. Was nicht passt wird passend gemacht. Zusätzliche Ideen, die beim Inszenieren entstehen, fügen wir ein und bearbeiten nach.
Wird das Textbuch bis zur Premiere, auch in Hinblick auf aktuelle politische Ereignisse, fortwährend aktualisiert?
Natürlich. Auch noch danach.
Wie lange arbeiten Sie schon als Textbuch-Autoren für die DISTEL?
Jens schreibt schon seit 2009 für die Distel und andere Kabarett-Theater und Solisten, Markus und Adrian von ONKeL fISCH schreiben seit 1994 zusammen, für sich selbst und viel für's Radio. Zusammen haben wir das Weihnachtsstück „Der Zweck heiligt den Abend“ für die Distel verfasst. Dies ist unsere zweite Zusammenarbeit für die Distel.
Welches ist Ihr persönliches DISTEL-Lieblingsprogramm?
Also „Wohin mit Muti?“ finden wir wirklich gut....
v.l. Jens Neutag, Duo Onkel Fisch (Markus Riedinger, Adrian Engels)