Jens Neutag - Autor von "Zirkus Angela" im Gespräch:
Sie formulieren, mit dem neuen Programm wird das Kabarett dem Netflix-Zeitalter gerecht. Wie meinen Sie das?
Viele moderne TV-Serien arbeiten auch nicht mehr mit komplett geschlossenen Rahmenhandlungen. Sie sind offener und assoziativer. Das macht das Ergebnis sehr schnell und abwechslungsreich und genau das wollen wir im neuen Programm auch herstellen. Daher war es nach längerer Zeit wieder eine bewusste Entscheidung für ein Nummernprogramm.
Sie sagen, der Politikbetrieb ist zum Zirkus mutiert, deshalb muss man ihn jetzt durch die Manege führen. Wie kamen Sie auf die Zirkus-Idee?
Ich war im letzten Sommer im Familienurlaub in Dänemark in einem kleinen Wanderzirkus. Natürlich wurde ich als Depp des Abends auf die Bühne gezerrt. Da meine dänischen Sprachkompetenzen noch unterentwickelter sind als die Englischkenntnisse von Günther Oettinger, habe ich nichts verstanden. Aber die Wirkungsweise, die Unmittelbarkeit der Darstellung aufs Publikum hat mich sehr ans Kabarett erinnert und so kam die Idee nach Berlin.
Bei all den Polit-Clowns heutzutage - was denken Sie, kann da Kabarett „ausrichten“?
Bei all dem, was so ein Donald Trump derzeit an Realsatire darbietet, muss man als Satiriker fast Angst um seinen Job haben. Umso wichtiger ist, dass wir unser Genre nicht kritiklos diesen billigen Anlernkräften aus dem Polit-Zirkus überlassen. Über das, was das Kabarett „bewirken“ kann, mache ich mir keine großen Illusionen. Aber wenn man jeden Abend das Publikum im Kopfschütteln und Lachen vereint, dann spendet es Trost. Und das ist doch schon eine ganze Menge!
Sie kommen aus Neuss: Beachten Sie beim Schreiben für die DISTEL bestimmte Unterschiede zwischen Rheinischem und Berliner Humor? Oder gibt es solche gar nicht?
Abseits des rheinischen Karnevals, in dem der Humor sehr stark von Verzweiflung geprägt ist, sind die Unterschiede nicht so sehr groß. Prinzipiell ist der Rheinländer vielleicht geneigter seiner Freude auch Ausdruck zu verleihen, aber das ist kein Qualitätskriterium. Das ist so, als würde man die Außentemperatur in Grad Celsius oder in Fahrenheit messen. Die eine Zahl wirkt etwas wuchtiger, ändert aber nichts an der Realität.
Wie sind Sie eigentlich zum Kabarett gekommen?
Über einen Workshop habe ich Gleichgesinnte kennengelernt und so haben wir Mitte der Neunziger eine Studentenkabarettgruppe gegründet. Nach drei Jahren auf der Kabarettbühne wurde nach einer gefühlten Ewigkeit Helmut Kohl abgewählt und wir waren fest davon überzeugt einen kleinen Teil dazu beigetragen zu haben.
© Olli Haas