Lutz Stückrath (*30. Juni 1938 † 22. Oktober 2020)

In Gedenken an den DISTEL-Schauspieler von 1966 bis 1977

 

Die DISTEL gedenkt dem am 22. Oktober 2020 verstorbenen Schauspieler Lutz Stückrath 

In 18 Kabarett-Programmen spielte er sich zwischen 1966 und 1977 im DISTEL-Ensemble in die Herzen des Publikums.  Seine Markenzeichen: Borstenschnitt & flinke Zunge. Das Publikum liebte ihn für seine Figuren als "kessen Berliner",  "kleinen Mann aus dem Volk" oder als "Pionier vom Dienst".

Hören Sie die Szene "Fernsehsessel" mit Lutz Stückrath - aus dem Programm "Lern heiter, Genosse" von 1970.


Nachruf auf Lutz Stückrath

Von Dr. Jürgen Klammer, Kabarett-Historiker

Am 22. Oktober 2020 ist Lutz Stückrath verstorben. Viel ist über ihn, den Kabarettisten mit der markanten Igelfrisur, geschrieben worden. Ausführlich hat auch er immer wieder über seinen Werdegang berichtet. So erzählte er in seinem 2005 erschienenen Buch „Gute Seiten, schlechte Seiten" auf amüsante Weise Geschichten, die sein Leben bis dahin geschrieben hatte. Denn für den umtriebigen Künstler war damals noch lange nicht Schluss. Bis 2017 stand er auf der Bühne, so in seinem Programm „Aber jetzt ist Schluss" beim Frankfurter Kabarett Die Oderhähne, mit dem ihn eine langjährige freundschaftliche Zusammenarbeit verband.

Ich kannte Lutz Stückrath, wenn auch nur flüchtig, bereits seit den 1970er Jahren aus meiner Textarbeit für die DISTEL. Nach dem Mauerfall vertiefte ich den Kontakt. Mich interessierten insbesondere seine Anfangsjahre bei der Kneifzange, dem Kabarett der Nationalen Volksarmee.

Im Rahmen der Reihe „Kabarettgeschichte(n)", einer Veranstaltungsreihe des Deutschen Kabarettarchivs e.V., hatte ich im November 2012 in der DISTEL Gelegenheit, Lutz Stückrath zu seinem ereignisreichen, auch von Brüchen gezeichneten künstlerischen Leben zu befragen. Temperamentvoll und kaum zu bremsen erzählte er über seine Zeit bei der Kneifzange, seine Distel-Jahre und seine Arbeit als einer der drei Dialektiker in der Fernsehsendung „Ein Kessel Buntes", die mit einem Bruch endete. Die drei Moderatoren waren es leid, sich ständig in ihre Texte hineinreden zu lassen und kündigten dem „Sehr geehrten Genossen Adameck" und „Mit sozialistischem Gruß" im Herbst 1976 die Zusammenarbeit.

Gegenstand der Kabarettgeschichte(n) mit Lutz Stückrath waren ebenso sein Tourneealltag in den 1980er Jahren, den er als freiberuflicher Schauspieler im Camping-Wohnwagen-Anhänger auf der Landstraße absolvierte wie auch sein Engagement bei den Stachelschweinen sowie den damit verbundenen „zwei Seelen" des legendären Wolfgang Gruner.

All das kann und sollte in dem bereits erwähnten Buch von Lutz Stückrath ausführlich nachgelesen werden. Weniger bekannt ist die von der damaligen Distel-Dramaturgin Inge Ristock 1973 verfasste Charakterstudie des Kabarettisten. Im als Personalakte angelegten Programmheft zu „In eigener Lache" ist zu lesen:

Lutz Stückrath ist gelernter Schlosser, Ehrenmitglied der Jungen Pioniere und Antiquitätenliebhaber. Er besitzt einen Barocktisch von 1928 für 300 Mark, der mindestens 40 Mark wert ist.
Deshalb hat er auch noch kein Auto und kann in den wichtigsten Dingen des Lebens, als da sind, welche Werkstatt muss man mit wieviel schmieren, um neue Scheinwerfer zu bekommen, nicht mitreden.
Er eignet sich hervorragend zum Mitnehmen beim Einkaufen. Wenn er seine große Inkognito-Sonnenbrille aufsetzt, mit der er erst recht wie Lutz Stückrath aussieht, rückt jede Verkäuferin sogar im tiefsten Winter Schnittblumen heraus.
Auf der Distel-Bühne verwischt er spielend den Eindruck, den er im „Kessel Buntes" leider machen muss.

Übrigens, Inge Ristock war es auch, die Lutz Stückrath mit „Fondsbezogene Clownerie" 1972 (siehe Bildgalerie) eines seiner besten DISTEL-Soli auf den Leib geschrieben hat. Noch heute zeugen Fotos von seiner eindrucksvollen, mit traurigem Berliner Humor vorgetragenen Interpretation.

Danke Lutz, Du hast ein wichtiges Stück DISTEL-Geschichte geschrieben.

Oktober 2020

 

Bildgalerie: