15.10.2010

Nachruf Heinz Draehn - gestorben am 12.10.2010

Heinz Draehn arbeitete von 1954 bis 1986 am Kabarett-Theater DISTEL.

Sein Lebenslauf im Überblick:

28. November 1921 in Rostock geboren
1928 – 48     
Volksschule in Rostock, Lehre als Automechaniker, Hafenarbeiter, Wehrmacht (Kriegsmarine), Gefangenschaft in Jugoslawien
1948 – 54    
Hafenfarbeiter in Rostock; Clubleiter im VEB Seehafen; Gründung des Laienkabaretts Rostocker Hafenspatzen (1952) – Sieger im Volkskunstwettbewerb (1954)
1954 – 86
Arbeit am Kabarett die Distel
1963        
erster Auftritt als Kuddel mit „Kuttel Daddeldu und die Kinder“ mit einem Original-Text von Joachim Ringelnatz in einem Kabarett-Klassiker Programm der Distel
1964        
betreut das Jugendstudio der Distel (u.a. Franziska Troegner, Bettina Wegener, Wolfgang Flieder, Walter Plathe)
1966        
erster Auftritt als ‚DDR-Kuddel‘ mit „Kuddeldaddeldu und die Rostocker Mole“ in der Distel
1969        
erster Auftritt als Kuddeldaddeldu im Staatsratsgebäude der DDR vor Walter Ulbricht und Erich Honecker sowie Ehrengästen anlässlich des Festaktes zum 20. Jahrestag der DDR – Beginn einer Laufbahn als

„Protokoll-Referent“ auf zahlreichen Veranstaltungen von Partei und Regierung
ab 1971    

Auftritte als Käpt’n Brass und Kuddel in Rundfunk und Fernsehen, u.a. Klock acht – achtern Strom (mit Peter Borgelt) und Ein Kessel Buntes
bis 2010    
zahlreiche Auftritte auf Kleinkunstbühnen

Der kulturbesessene Hafenarbeiter Heinz Draehn wurde im Dezember 1954 an die DISTEL engagiert. Direktor Erich Brehm hatte ihn mit seinem mehrfach prämierten Laienkabarett Rostocker Hafenspatzen zu einem Gastspiel in die DISTEL eingeladen. Mit der Begründung „Ich brauche im Ensemble einen proletarischen Typ!” erhielt Draehn kurzerhand einen Vertrag.

Er spielte mit innerer Überzeugung nahezu alle Rollen, in denen die DISTEL den „einfachen Parteiarbeiter in seinem unermüdlichen und uneigennützigen Einsatz für die große gemeinsame Sache” lobhudelte.

Im Reprisenprogramm Hans Krause „Vom Montmartre zum MontKlamott” im Jahre 1963 (Hans Krause war von 1958-1963 Direktor der DISTEL) erhielt Heinz Draehn ein Solo aus: "Kuttel Daddeldu und die Kinder" von Ringelnatz.

Der erste ‚sozialistische Kuddeldaddeldu‘ - die wohl bekannteste Kabarettfigur der DDR - jedoch entstand zwei Jahre später. Sie tauchte zum ersten Mal im Oktober 1965 auf, und zwar auf der Humorseite der Tageszeitung "Neues Deutschland".

Die Figur des 'Kuddeldaddeldu' geht zurück auf eine Gestalt von Joachim Ringelnatz. Er schrieb (und spielte) in den Zwanziger Jahren acht Texte über einen derben und zugleich zärtlichen Seemann. Unter dem Namen Kuttel Daddeldu ging er in die Kabarettgeschichte ein. Hans Krause griff diese Figur 1963 auf und schrieb im Laufe der kommenden Jahre nahezu 400 Texte über einen ‚Agitations-Matrosen mit Narrenkappe‘ namens 'Kuddeldaddeldu' (die Bezeichnung Kuddel anstatt Kuttel ist einem simplen Druckfehler im DISTEL-Programmheft geschuldet). Dieses umfangreiche Werk ist ebenfalls Kabarettgeschichte, wenn auch unter spezifischen politischen Vorzeichen. Neben den vielen 'Kuddels' für die DISTEL finden sich darunter auch solche zu SED-Parteitagen, Jahrestagen, Volkswahlen, zur Eröffnung des Parteilehrjahrs und zur ZK-Tagung Erich Honeckers mit seinen Kreissekretären.

aufgeschrieben von Jürgen Klammer