Mit dem Kopf durch die Wende – Szenen & Songs rund um die Deutschen Einheit
Wendezeit - Realsatire überrollt Bühnensatire
Im November 1988 wurde erstmals ein DISTEL-Programm komplett verboten: "Keine Mündigkeit vorschützen". Das Programm von Inge Ristock und Hans Rascher thematisierte die real-sozialistischen Abwege des „kommunistischen Ideals", in dem es in als personifizierte Erscheinung auf der Kabarett-Bühne in verschiedenen Szenen dem DDR-Alltag und deren Protagonisten begegnete.
Dann im April 1989 konnte man das Kabarett mit seinem neuen Programm „Wir sind schon eine Reise wert" nicht mehr daran hindern, sämtliche Demokratiedefizite oder auch das Thema Republikflucht ungeschminkt auf die Bühne zu bringen. Man wagte es einfach nicht mehr, auch dieses Programm zu verbieten.
Ab Herbst 1989 war das Kabarett so dicht an den Problemen der Zeit dran wie nie zuvor: Aber selbst Texte, die morgens geschrieben wurden, waren abends schon nicht mehr aktuell. Die Widersprüche der DDR-Bürger wurden direkt auf der Bühne ausgetragen.
Doch der „Fall in die Freiheit" nach dem Mauerfall riss auch Orientierungspunkte mit sich. Während die DISTEL vor der Wende wusste, worüber die trostbedürftigen Gäste lachen wollten, mussten nun die neuen Gemeinsamkeiten zwischen Bühne und Publikum aufgespürt werden...
Ost-West in der DISTEL schnell wiedervereinigt
Die Suche dauerte nicht lange; ab 1990 widmete sich die DISTEL in ihren Programmen den Problemen der Wiedervereinigung – und zwar vor allem aus der Sicht der Ostdeutschen. Und fand dafür sehr schnell ein aufmerksames Publikum – aus Ost und West. Zentrale Themen waren die alten Irrtümer des DDR-Sozialismus sowie die inzwischen enttäuschten Hoffnungen aus der Wiedervereinigung. Neben dem Fremdenhass verspottete das Kabarett den ewigen Ossi-Wessi-Frust.
So lachten seit 1990 Ost- und Westdeutsche in der DISTEL gemeinsam und einverträglich – jeweils über den anderen, aber zugleich über sich selbst.