8. Traenenpalast

Eine imposante Erscheinung. Viel Glas und Beton, elegant geschwungen. Internationale zeitgenössische Architektur. Eine lichtdurchflutete Halle. Doch im Innern: Angst, Einschüchterung - und Tränen.
Das ist der sogenannte Tränenpalast, das ehemalige Ausreiseportal von Ost- nach West-Berlin und weiter in die BRD. Es kommt wohl selten vor, dass die Erscheinung eines Gebäudes in so krassem Gegensatz zu dessen Zweck steht.

1962 eröffnet, wurde hier die Ausreise nach West-Berlin über den Bahnhof Friedrichstraße abgewickelt. Meist von Westlern, die im Osten ihre Verwandten besucht hatten und nun den schikanösen Heimweg über den Tränenpalast und dann weiter durch einen Tunnel in den damals sehr düsteren Bahnhof antreten mussten. Die DDR-Bürger mussten damals schon vor dem Eingang Lebewohl sagen, bei der ersten „Vorkontrolle“ kam man nur mit West-Pass weiter. Versuchte man es mit DDR-Pass, konnte man für versuchte Republikflucht verhaftet werden. Also blieb nur der tränenvolle Abschied – daher der Spitzname des Gebäudes.

Im Zuge des Mauerbaus 1961 war auch der Bahnhof Friedrichstraße geteilt worden: für Bürger der DDR stand nur ein S-Bahn-Bahnsteig in Richtung Alexanderplatz zur Verfügung, für Bürger der BRD bzw. West-Berlins der Bahnsteig Richtung Zoologischer Garten. Hier hielten auch die Transitzüge aus der Bundesrepublik. Die unterirdischen Bahnsteige der S-Bahn sowie der U-Bahn waren ebenfalls nur für Westler zugänglich. Im langen Verbindungstunnel zwischen S- und U-Bahn befand sich damals ein Diensteingang für Mitarbeiter der Reichsbahn (DDR), der jedoch auch zur Agentenschleusung genutzt wurde. So entkamen beispielsweise RAF-Angehörige in den Osten. Bei Geheimdienstmitarbeitern hatte dieser
Weg den Spitznamen „Ho-Chi-Minh-Pfad“, in Anlehnung an die berühmte Schmuggel-Route des Vietcong im Vietnam-Krieg.

Sehr beliebt bei durchreisenden West-Berliner waren die im Bahnhof angesiedelten „Intershops“ – hier konnte nur mit D-Mark eingekauft werden. Auf diese Weise kam die DDR in den Besitz wertvoller Devisen – und Bürger aus dem Westen an billigen Schnaps und zollfreie Zigaretten.

Quelle: wikipedia.de, tagesspiegel.de