16.04.2021

No. 156

Ministerpräsidentenkonferenz ins Grundgesetz!

Deutschland im Wartezimmer. Die letzte Ministerpräsidentenkonferenz wurde abgesagt, stattdessen kommt jetzt die Bundesnotbremse. Aber wann? Wenn man aber weder weiß, wie lange, noch auf was man warten muss, kann man ein solches Gesetz nicht einmal Godot nennen. „Gestochen scharf“ weiß aber exklusiv: Es ist eine großangelegte Grundgesetzänderung geplant! Hier schon mal vorab die Artikel zum neuen Verfassungsorgan „Ministerpräsidentenkonferenz“.

 

Nach Abschnitt VI wird ins Grundgesetz eingefügt:

VIa. DIE MINISTERPRÄSIDENTENKONFERENZ

Art. 69a [Zusammensetzung, Zusammentritt]

(1) Die Ministerpräsidentenkonferenz besteht aus Angela Merkel, Markus Söder, Armin Laschet und anderen. Kein Bundesbürger ist verpflichtet, alle zu kennen.

(2) Die Konferenz tritt grundsätzlich abends zusammen und soll frühestens drei Stunden nach Mitternacht enden. Sie tagt geheim und im Videoformat, damit die Geheimhaltung von möglichst vielen Personen hinter den Bildschirmen gewährleistet werden kann.

(3) Profilierungsversuche aufgrund des niedrigsten Infektionsgeschehens sind der Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern vorbehalten. Dies gilt auch, falls Mecklenburg-Vorpommern gar nicht die niedrigsten Zahlen hat.

(4) Der Bundesminister für Verkehr stellt sicher, dass die Internetverbindung in Erfurt so schlecht ist, dass der dortige Ministerpräsident weder „Clubhouse“ noch „Candy Crush“ spielen kann.

(5) Dem Vizekanzler wird verboten, schlumpfig zu grinsen.

 

Art. 69b [Notbremse]

Falls Armin Laschet ein Vorziehen der Ministerpräsidentenkonferenz fordert, ist eine Absage derselben zu verkünden.

 

Art. 69c [Beschlüsse]

(1) Erster Tagesordnungspunkt ist stets die Verlängerung des Lockdowns sowie die Einführung eines neuen Lockdown-Namens. Nach Teillockdown, Übergangslockdown und Brückenlockdown können beispielsweise ein Landstraßenlockdown oder ein Sackgassenlockdown verkündet werden.

(2) Das Wesen der Ministerpräsidentenkonferenz besteht im Kompromiss. Bei jedem Treffen soll daher eine Reihe neuartiger Maßnahmen beschlossen werden, von denen die eine Hälfte dazu geeignet ist, die andere Hälfte unwirksam zu machen, und umgekehrt.

(3) Wird eine Ausgangssperre beschlossen, so gelten eine Reihe von Ausnahmen, darunter in jedem Fall der Grund „Spazierengehen“, damit davon ausgegangen werden kann, dass weiter ausgegangen wird.

(4) Friseurgeschäfte sind vom Lockdown ausgenommen. Die Begründung dafür wird stets von dem Ministerpräsidenten mit der fragwürdigsten Frisur vorgetragen. Ernst gemeinter Teil der Begründung muss ein launiger Spruch über die eigene Haartracht sein.

(5) In regelmäßigen Abständen wird für Nahverkehr und Einzelhandel eine neue Maskensorte vorgeschrieben, aber nicht bevor sich alle Bundesbürger mit den veralteten Masken eingedeckt haben.

 

Art. 69d [Humor]

(1) Jede Konferenz muss genau eine Maßnahme beschließen, die keinen Sinn ergibt, beispielsweise eine Bannmeile um Hotels und ein Verweilverbot für Parkbänke unter 14 Jahren. Am folgenden Tag hat mindestens ein Gericht die Maßnahme für unwirksam zu erklären.

(2) Im Übrigen dürfen auch Maßnahmen, die nicht für unwirksam erklärt wurden, unwirksam sein.

 

Art. 69e [wissenschaftliche Beratung]

(1) Beschlüsse dürfen nur streng wissenschaftlich und auf der Grundlage aktueller Infektionsdaten getroffen werden. Ausnahmen sind:

1. wenn aufgrund von Feiertagen noch Nachmeldungen aus der Vorvorwoche zu erwarten sind,

2. wenn das Robert-Koch-Institut die Daten vom Vortag aus Sachsen oder Hessen noch nicht erhalten hat oder

3. wenn dem Faxgerät im Gesundheitsamt Winsen an der Luhe das Papier ausgegangen ist.

(2) Der Ministerpräsidentenkonferenz sind Maßnahmen untersagt, die geeignet sind, den Impferfolg nachhaltig zu gefährden. Derartige Maßnahmen sind ausschließlich der EU-Kommission sowie der Ständigen Impfkommission vorbehalten.

 

Art. 69f [Pressekonferenz]

(1) Die an die Ministerpräsidentenkonferenz anschließende Pressekonferenz ist für den frühen Abend anzukündigen. Sie ist so lange nach hinten zu verschieben, bis weniger als zehn Journalistinnen und Journalisten – zuzüglich zur Phoenix-Kamera – im Raum sind. Damit wird das Infektionsrisiko minimiert.

(2) Alle beschlossenen Maßnahmen werden auf ein buntes PDF mit mindestens acht Spalten gedruckt, welches anschließend im Bundesgesetzblatte veröffentlicht wird. Weder die Bundeskanzlerin noch der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz oder sein Stellvertreter dürfen dieses Blatt verständlich erklären.

(3) Die Bundeskanzlerin hat kein Stimmrecht. Dafür soll sie auf der Pressekonferenz ihren Unmut über die soeben beschlossenen Maßnahmen kundtun. Der Rüge kann ein sorgenvolles Gesicht angefügt werden.

 

Art. 69g [Nachbereitung]

(1) Unmittelbar nach der Konferenz sind ihre Ergebnisse öffentlich in Zweifel zu ziehen. Die Reihenfolge der sich zu Wort meldenden Landesfürsten wird durch Flaschendrehen bestimmt. Gedreht wird Michael Müller.

(2) Karl Lauterbach übernimmt die Kritik bei „Markus Lanz“, Christian Lindner bei „Anne Will“ und Wolfgang Kubicki bei „Maischberger“. Annalena Baerbock signalisiert hingegen im „ARD extra“ Zustimmung, sagt aber nicht, wozu.

(3) Jeder, der die Beschlüsse als inkonsequent, unübersichtlich und nicht umsetzbar geißelt, hat im selben Atemzug den Föderalismus als überlegene Staatsform zu preisen. 

 Text: Tilman Lucke