05.11.2018

Rautendämmerung

Möchtegern-Nachfolger im Faktencheck: #JensWeCan #AnneGreatChampKarrenPower
Folge 30

Die Hessenwahl ging in den Hosenanzug, doch danach bleibt in Merkels Welt alles, wie es ist: spannend und gleichzeitig langweilig. Geht es nach ihr, bleibt sie bis zum Jahr 16 Anno Domina. Zum Vergleich: Lebenslänglich ist schon nach 15 Jahren zu Ende.
Nun bleibt sie bis 2021 die lahme Ente, die sie schon immer war.

Autor: TILMAN LUCKE


In drei Jahren will Angela Merkel als Bundeskanzlerin abtreten – es wäre der längste Rückzug der Weltgeschichte: Sogar Napoléons Rückzug aus Russland ging schneller. Aber er hatte ja auch nicht so viele politische Leichen hinterlassen wie Merkel. Wenn die klebende Legende Glück hat und die Regierungsbildung nach ihr wieder so lang dauert, erlebt sie den 18. Dezember 2021 noch im Amt und hätte Helmut Kohl damit doch noch überkohlt. Rein rechtlich gilt sie im Kanzleramt inzwischen als Bausubstanz.

Immerhin, den CDU-Vorsitz gibt sie schon in einem Monat ab, für Merkel ein mikroskopisch kurzer Zeitraum. Die Weltmeisterin im Wachkoma wird doch wohl auf ihre alten Tage nicht plötzlich ADHS bekommen? Sie war jeweils die erste Frau in ihren beiden Ämtern, und diese Leistung wird bleiben. Oder schüttelgereimt gesagt: „Bemerkenswert an Angela ist nur am Schluss das lange A.“

Wer könnte nun am 7. Dezember in Merkels Geburtsstadt Hamburg zum neuen CDU-Vorsitzenden gewählt werden? Jens Spahn? Der AfD spahnt Böses. Bob der Gauleiter ließ sich zitieren: „Wenn morgen Herr Spahn Bundeskanzler wird, dann haben wir es schwerer.“ Spricht das jetzt für oder gegen den flotten Organspender aus Ahaus?

Doch nicht nur der schwule Spahn kandidiert. Die Union wäre nicht die Union, wenn nicht auch die Homophobenquote eingehalten würde: Annegret Kramp-Karrenbauer a. k. a. AKK macht auch mit. Die scheinbar moderne Saarländerin sieht etwa die Ehe für alle skeptisch: Dann wären auch der Geschwisterehe und der Ehe mehrerer Personen Tür und Tor geöffnet. Und man mag sich nicht vorstellen, wie lang AKKs Nachname im Fall einer Mehrfachehe wäre! Privat kennt man sie als „Putzfrau Gretel“ aus dem saarländischen Karneval. Humor scheint sie also nicht zu haben. Den bräuchte sie aber dringend für die künftigen CDU-Wahlergebnisse.

Friedrich Merz wirft ebenfalls seinen Bierdeckel in den Ring. Frau Merkel hatte ihn erfolgreich verdrängt und wir auch, doch Untotgesagte leben bekanntlich länger. Die Börse würde Deutschland liebend gern mit Merz in den April schicken: Seit 2016 ist er Aufsichtsratschef des Investmentfonds BlackRock. Kann nicht bis zum 7. Dezember noch jemand den Namen Merz auf irgendeiner Panama-Liste entdecken? Bittebitte.

Armin Laschet, Rekordsieger der Deutschen Langeweilemeisterschaft, zauderte einige Zeit – und qualifizierte sich damit eigentlich als würdigster Merkel-Nachfolger. Doch dann die Absage: Nee, lasch mal! Neun weitere Kandidaten wollen ebenfalls Parteichef werden. Wer will noch mal, wer hat noch nicht? Heino? Mutter Beimer? Die Muppet-Opas? Man vermisst auf der Kandidatenliste die unvermeidlichen Talkshow-Laberanten Bosbach, Leyen und Strobl. Und was macht eigentlich Heiner Geißler? Der ist zwar schon seit einem Jahr tot, aber er sitzt immer noch in Talkshows. Außerdem ist das kein Argument: Leben und in der CDU sein bedingen sich weder in die eine noch in die andere Richtung. Wenn Sie ab Dezember noch nichts vorhaben: Es gab sogar schon mal einen CDU-Chef, der nicht einmal Mitglied in der Partei war! Ludwig Erhard drückte sich, wie erst vor kurzem herauskam, vier Jahrzehnte lang um die Mitgliedsbeiträge und konnte auf diese Weise mehr von seiner eigenen Erfindung, der D-Mark, für sich behalten.

Wie auch immer die Wahl zur CDU-Spitze ausgeht: Ein neuer CDU-Chef ist nicht automatisch Bundeskanzler, dazu ist bekanntlich eine Bundestagswahl nötig. Doch wäre die SPD so dumm, einem neuen CDU-Chef mit der Wahl zum Bundeskanzler einen Amtsbonus zu verschaffen, den er bei der nächsten regulären Bundestagswahl ausnutzen könnte, um der SPD auch noch ihre restlichen Prozentpünktchen abzuknöpfen? – Okay, eine rhetorische Frage. Die Kanzlerwahl ist gebongt!

 

Tilman Lucke ist zu sehen in: "frisch gepresst. Politcomedy-Late-Night" und in seinem Soloprogramm "Verdummungsverbot".